Death Road: die gefährlichste Straße der Welt

Ich hatte es ja schon im letzten Bericht angekündigt, wir hatten an diesem Tag etwas wichtiges vor, nämlich die gefährlichste Straße der Welt, auch bekannt als Death Road mit dem Radl zu befahren. Diese Tour macht, glaube ich, jeder der mal in La Paz gewesen ist und schon im Hostel waren große Werbeposter für diesen Trip zu sehen. Nun wurde mir die Agentur Gravitiy Assisted Mountain Biking empfohlen und sie stand sowohl in Keddas wie meinem Reiseführer, diese Prominenz kostet natürlich auch und so haben wir für den Tagesausflug 750 Bolivianos (also gut 80 €) bezahlt. Dennoch die Straße ist echt nicht ohne und da wollten wir als verantwortungsbewusste junge Erwachsene natürlich nicht am falschen Ende sparen…hüstel.

Das gefährliche an der Straße ist zum einen ihre Breite – es gibt Stellen an denen sie nur 3,20 Meter Breite misst – und das sie an wirklich steilen bis zu 600 Meter tiefen Felswänden vorbeiführt. Abgesperrt ist dort, wie wir jetzt aus eigener Erfahrung wissen, eigentlich nichts. Zudem ist sie wirklich eine ganz normale öffentlich genutzte Fernverkehrsstraße, d.h. sie wird von LKWs, Bussen und normalen Autos befahren. Mein Reiseführer behauptet zwar, dass seit dem Bau einer neuen Verbindungsstraße zwischen La Cumbre und Coroico der Verkehr auf der alten Straße fast nur noch aus Radfahrern und den dazugehörigen Safety Cars (sprich alten Nissan Bussen) besteht, aber das haben wir jetzt nicht so empfunden, aber dazu dann später mehr. <- Spannungsbogen aufgebaut!

Um 7:30 Uhr war Treffpunkt am Cafe Alexander in La Paz, lustiger Weise hatten Tanja und Pria aus unserem Dorm ebenfalls die gleiche Tour für den selben Tag bei der selben Agentur gebucht und so konnten wir uns ein Taxi teilen. Dort angekommen, hat uns unser äußerst motiviert (keine Ironie) Guide Steve begrüßt, geborener Australier, in Neuseeland aufgewachsen und so war er auch. 🙂 Dreadlooks und eigentlich viel zu cool für diese Welt, aber passionierter Radfahrer, das muss man ihm lassen. Unschön war allerdings, dass Kedda und ich nicht auf seiner Liste standen. Leider habe ich vor unserer Reise vergessen den Schlumpf von Rezeptionisten dafür zur Schnecke zu machen…aber das Ganze war kein Drama und wir durften trotzdem mit. Wir hatten ja auch schon bezahlt und hatten vorschriftsmäßig unseren Voucher mit unseren Buchungsnummern dabei. Mit dem Bus ging es dann am Büro der Agentur vorbei, um unsere zwei Fahrräder noch aufzuladen und unser Equipment beizuschaffen. Ca. 1,5 Stunden sind wir dann auf 4.700 Höhenmeter gefahren worden und da oben war es dann doch recht frisch. Ich hatte ein Longsleeve, eine dünne Jacke, meinen Fleece und die Regenjacke an, zum Glück auch noch meinen Schal. Dann haben alle nach und nach Helm, Handschuhe und schickes orangenes Jäckchen ausgehändigt bekommen und natürlich nicht zu vergessen die Fahrräder.

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Startpunkt

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Ich: total motiviert

Im Halbkreis hat sich die Gruppe dann vor unserem Guide formatiert und er hat uns die Basics zum Befahren der Straße erklärt. Er war schon wirklich lustig, das ist schwer im Nachhinein zu beschreiben, aber mit seinem australisch-neuseeländischen Slang hat die Gruppe in manchmal halt auch einfach nicht verstanden. Wir waren insgesamt 11 Leute, eine Holländerin, ein Belgier, zwei französisch Kanadier (Paar), ein französischer Schweizer, zwei Iren (Paar) und wir vier Mädels. Insgesamt war das eine echt nette Gruppe. Nach den einführenden Worten Steves folgte anschließend das Ritual zur Ehren Pachamamas. Steve holte eine kleine Flasche heraus, taufte sein Rad, goß ein paar Tropfen auf die Erde und trank einen Schluck, das musste dann rundum jeder machen. Ich dachte ja das wäre Wasser, nein es war Schnaps…schön so morgens um Neun Uhr….brrrr.

Danach ging es endlich los und wir fuhren ca. 63 km nur bergab, was eine Freude! 🙂 Vor allem war dieser Teil der Straße komplett neu geteert und ohne Probleme zu befahren und man hatte eine super Aussicht auf den Teil der Straße, der noch kommt.

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Wie bei sämtlichen Dingen auf diesem Kontinent wurde dann ab dem richtigen Beginn der Death Road in Unduavi eine Gebühr von 25 Bolivianos pro Person fällig. Dafür habe ich als Gegenleistung einen echt tollen Flyer bekommen, der den Weg der Death Road aufzeigt…(<- Ironie) Mit dem Bus ging es dann noch einmal 10 Min. bergauf, das finde ich eine super Sache, das, sobald es unbequem wird, man gefahren wird, das hätte bei allen anderen Touren auch mal so sein können! Unser Guide hat uns wirklich immer sehr gewissenhaft den kommenden Teil der Straße erklärt, worauf wir achten sollen, wie wir das Rad lenken sollen und vor allem dass wir nicht übermütig werden sollen. Um dem Ganzen noch die Krönung zu verleihen sind wir bei der Fahrt gefilmt worden, wobei unser Guide auch da meinte, sollte einer von uns auf die Idee kommen in die Kamera zu winken und deshalb einen Unfall bauen, wird er uns erst auslachen und erst anschließend erste Hilfe leisten. Netter Typ, der Steve. Auf dieser Straße haben bisher ca. 15 Radfahrer ihr Leben verloren und jedes Jahr verschwinden im Schnitt ca. 26 Fahrzeuge – einfach im Nichts, die Felsabsprünge hinunter. Leider hatten wir anfangs etwas Pech mit dem Wetter, es war super nebelig, was man an den kommenden Bildern noch erkennen wird.

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Leicht neblig

Dieser erste Teil der Straße war allerdings (für mich) nicht ohne, dicker Schotter über die gesamte Straße und ich bin gleich mal ein wenig nach links abgedriftet und stecken geblieben, der Belgier knapp hinter mir. Aber alles gut, niemandem was passiert, ich habe mich auch ganz gegen meine Gewohnheit nicht hingelegt! Danach wurde es aber besser mit der Straße, man wurde dennoch gut durchgeschüttelt. Mir half aber die Anweisung unseres Guides, wenn große Steine oder Hindernisse vor uns liegen, dann nicht bremsen, einfach drüber, das Rad findet seine Spur schon wieder, das habe ich dann auch befolgt und irgendwann hat das Ganze sogar richtig Spaß gemacht.

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Death Road

Danach sind wir ca. 3 Stunden lang einfach nur bergab gefahren. Immer wieder mit Pausen zum Besprechen des nächsten Abschnittes, aber es war einfach nur cool. 🙂 Zwischendrin hat man dann mal kurz nach links geschaut und gesehen ok, da geht es doch ein wenig den Abhang hinunter, aber viele Gedanken habe ich mir darüber nicht gemacht. Es hatte die Tage vorher geregnet, weshalb wir auch durch Teilstücke, die total vermatscht waren, durchgefahren sind, unsere Gruppe hat das ohne Probleme überstanden, nicht so andere Gruppen. Mit uns waren noch ca. 2 andere Gruppen von anderen Touranbietern und noch eine Gravity Assisted Mountain Biking Tour unterwegs, die mal uns mal wir sie überholt haben und eine andere Radfahrerin hat sich bäuchlings einmal komplett in den Matsch gelegt…da freut sich die Reinigung. Allerdings wir sahen auch nicht sehr viel besser aus. Wir haben uns noch gefragt, warum wir denn bitte einmal komplett neue Kleidung inkl. Schuhen mitbringen sollten, ja wir wussten es dann auch als wir zweimal durch Wasser gefahren sind und unsere Schuhe komplett durchnässt waren. Der Rest der Kleidung war verziert mit einer dicken Schicht von Schlamm (siehe kommendes Foto)… schön war auch, dass Steve nach meiner erfolgreichen Passierung des zweiten von Wasser überfluteten Abschnitts meinte, ach schade. Ich entgegnete darauf, wie nett das sei, dass er auf mich gewettet hatte, dass ich mich hinlegen würde und er entgegnete nur, dass das einfach viel lustiger wäre, wenn einer sich vor der Kamera ins Wasser schmeißen würde – naja, danke dafür…

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Schlammig…

Unsere Gruppe hat die Fahrt übrigens fast unfallfrei überstanden, nur die eine Kanadierin hat sich einmal hingelegt, was wir aber nur daran gesehen haben, dass sie auf einmal Schürfwunden am Arm hatte. Auf unserem Weg bergab kam uns zum Glück nicht allzu viel Verkehr vorbei, aber das scheint wohl stark zu variieren, dafür aber gerne mal ein Hund oder eine Frau, aus dem Dorf an der Straße. Unsere Tour endete in Yolosa, wo wir den überstandenen Ausflug erstmal mit einem Bier begossen haben (war inkludiert!). Es gab auch noch die Möglichkeit ZipLine zu fahren, aber da hatten wir uns entgegen entschieden. In unserer Tour war anschließend auch noch ein Besuch des Senda Verde Parkes inkludiert. In Bolivien dürfen Tiere wie z.B. Affen, die einst aus ihrem natürlichen Lebensraum entfernt wurden nicht mehr reintegriert werden, weil sie Krankheiten in das Ökosystem einschleusen könnten. Nun werden diese Tiere vom Menschen für alles mögliche missbraucht und die geretteten Tiere können in Senda Verde unterkommen und ein neues zu Hause finden. Ich hatte mir davon gar nicht viel erwartet, aber das war echt ein netter Abschluss für die Tour. Highlight war, dass wir dort sogar warm (mehr oder weniger) duschen konnten, zum Glück hatte ich wenigstens neue Kleidung mitgenommen. Nur trockene Schuhe wären echt nett gewesen, in meinen nassen habe ich mir fast meine grazilen Füßchen abgefroren! Danach gab es noch ein Buffet, das ebenfalls in unserer Tour inkludiert war. Getränke wurden extra bezahlt, aber alles was zusätzlich konsumiert wurde, kam den Tieren zu Gute, sozusagen das Krombacher Prinzip: Trinken für einen guten Zweck. Für 35 Bolivianos mehr konnte man auch noch eine Tour zu den Affen mitmachen, was wir auch getan haben. Eine der Voluntärinnen hat uns ein wenig was zu den Tieren, die dort leben erzählt und wir konnten die Tierchen von sehr nahem sehen, was ich echt toll fand. Es gibt dort natürlich Regeln zu beachten, wenn man das Gehege der Tiere betritt, eine z.B. ist, dass Besucher die Tiere nicht anfassen dürfen, allerdings die Tiere, die Besucher, d.h. wenn so ein Äffchen auf dich drauf klettert, dann verhalte dich ruhig und einer der Mitarbeiter dort entfernt es dann wieder von Dir. 🙂 Warum auch immer, die Affen mochten wohl mein safarimäßig aussehendes Outfit und ich hatte drei Mal so ein Tierchen auf mir sitzen.

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Kleiner Freund

Nach dieser kurzen 20minüten Führung, sind wir wieder zurück zum Rest der Gruppe und unserem Guide, beim restlichen Bier gab es dann einige Vorurteile über Deutsche und Franzosen zu besprechen und los ging es zur 3-stündigen Heimfahrt nach La Paz… ja, 3 Stunden ohne Zwischenfälle. Nun hatten wir ja, wie bereits erwähnt, einen renommierten Touranbieter gebucht und auch unser Fahrer fuhr standardmäßig südamerikanisch – also mit regelmäßigen gewagten Überholmanövern, aber nicht allzu gedankenlos. Leider war das nicht so beim Fahrer einer der anderen Touranbieter. Zurück sind wir die neue Death Road gefahren, die zum Teil von Erdrutschen schon wieder fast unbefahrbar gemacht worden ist, aber man kann sie befahren. Nun ist rechts zum Berg hin ein ca. 50 cm breiter und 40 cm tiefer Graben, der wahrscheinlich vom Berg kommendes Wasser ableiten soll. Der Fahrer vor uns hatte Pachamama wohl ein wenig zu sehr verehrt und ist mit seinem Bus samt Passagieren und Rädern in diesen Graben gefahren!

Macht ja nix, waren ja nicht wir, denkt man dann, wenn man mitbekommen hat, das niemandem was passiert ist, ja aber da vergisst man als individualistisch denkender Europäer doch grad das kollektivistische Gedankengut des Südamerikaners. Denn natürlich muss unserer Fahrer (und die der weiteren drei Touranbieter) aussteigen und helfen. Nur wie bekommt man ein Auto, das 40 cm nach rechts abgesenkt im Graben liegt wieder raus? Antwort: richtig, gar nicht! Nach einer Viertelstunde hat unser Guide dann dem Fahrer klar gemacht, wir fahren weiter. Sind wir dann auch ca. 20 Meter vor die anderen zwei Buse, die zur Hilfe angehalten hatten… „cinco minutos“ meinte unser Fahrer, dann würden wir weiterfahren. Aus den fünf Minuten wurden dann insgesamt ca. 45 Minuten und irgendwann ist einer von uns raus und meinte, wir könnten jetzt doch mal weiterfahren. Unserem Fahrer hat das wohl das Herz gebrochen, aber wir hatten noch ein gutes Stück Fahrt vor uns und ehrlicher Weise war es ja auch nicht unser Problem, wenn der Fahrer der anderen betrunken in einen Graben fährt. Die Passagiere sind auch alle bei anderen Busen untergekommen, es musste also niemand draußen in der Kälte stehen bleiben. Sah aber schon böse aus, wie das Auto da so drin lag und was der Versuch mit Steinen drunter legen bringen sollte, hatte ich auch nicht so ganz verstanden…

Gegen 21 Uhr hatten wir dann aber das Agenturbüro erreicht und alle hatten sich dazu entschieden die CD mit Videos und Fotos vom Ausflug gleich mitzunehmen anstatt am nächsten Tag nochmal ins Gravitiy Büro zu kommen. Kedda und ich haben dort dann auch unsere T-Shirts bekommen auf denen steht, dass wir die gefährlichste Straße der Welt überlebt haben (super, ein neues Schlafshirt) und danach ging es mit dem Taxi heim ins Hostel. Dort habe ich nur noch alles schnell in die Ecke geschmissen und habe mich ganz schnell ins Land der Träume verabschiedet. Schlafen kann man nach so einem Tag echt gut, auch wenn man eigentlich nur bergab gefahren ist. 🙂

Nachtrag der Autorin: Mittlerweile haben wir uns mit Leuten aus anderen Gruppen unterhalten, die am selben Tag fuhren wie wir und es gab wohl einen bösen Unfall bei dem ein Mädel 6m tief gestürzt ist. Scheint ihr aber nichts schlimmes passiert zu sein. Außerdem hat sich dort in den letzten Tagen ein Japaner den Arm gebrochen, also nicht ohne die Death Road!

Ein Gedanke zu „Death Road: die gefährlichste Straße der Welt

  1. …wahrscheinlich hätte ich hier gestreikt, da war ja meine Mountenbiketour runter vom Cotopaxi-Gletscher `nen Scheißdreck dagegen…Kerstin

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