Tupiza: Wild Wild West

Nachdem ich ja mitten in der Nacht in Tupiza angekommen war, bin ich nach 4 Stunden Schlaf wieder aufgestanden, um das Frühstück in Anspruch zu nehmen. Was soll man sagen, es war typisch bolivianisch: Brot, Margarine, Marmelade (aber wie süß), Kaffee, Joghurt und eine Banane, die aber meiner Meinung nach noch etwas länger hätte an der Staude hängen können.

Nach diesem kulinarischen Highlight habe ich mich erstmal wieder hingelegt. 🙂 Zur Mittagszeit hat mich dann aber doch der Hunger nach draußen getrieben und in meiner Straße war ein italienisches Restaurant in dem es doch eine recht annehmbare Pizza gab. Danach habe ich mich aufgemacht, um Geld abzuheben. Gar nicht mal so einfach hier, 3 Automaten und keiner wollte mir Geld geben. In meiner Verzweiflung bin ich zur Prodem Bank, eine rein bolivianische Bank, die aber bei Vorlage einer Kreditkarte Geld auszahlt. Nur hatte ich meinen Pass nicht dabei, weshalb ich noch mal wieder kommen sollte – mit Pass. Das hat mir aber so gar nicht gepasst, also habe ich den einen Automaten doch noch mal mit meiner Mastercard probiert und das ging dann plötzlich. Sehr erleichtert habe ich mir dann auf der Plaza Independencia einen frischen Orangensaft gegönnt für 3,50 Bolivianos, also ca. 40 Cent. Danach habe ich noch mal schnell in der Postfiliale reingeschaut und Postkarten gekauft, das Porto nach Europa ist mit einem Euro so billig, da schreibt man doch gerne mal an die Lieben zu Hause. Die kleine Plaza ist recht hübsch und voller Leben, es werden Zeitungen verkauft, Schuhe geputzt oder musiziert.

20130812-211155.jpg

20130812-211208.jpg

Nach meinem kleinen Spaziergang durch das Stadtzentrum habe ich mich aufgemacht zum Aufstieg des Cerro Corazón de Jesús gemacht, einem Aussichtspunkt Tupizas. Natürlich bin ich erstmal auf den falschen Berg draufgeklettert, ich hatte mich auch schon gewundert, dass der Weg so gar nicht begehbar ist. Nicht dass auf dem richtigen Berg eine riesengroße weiße Jesusstatue stehen würde, die mir den richtigen Weg gewiesen hätte… aber auch ich habe es noch an diesem Tag geschafft.

20130816-182424.jpg

Cerro Corazón de Jesús

Muss aber gestehen, oben war ich doch ziemlich aus der Puste. Tupiza liegt auch auf irgendwas über 2.000 Meter und eigentlich müsste ich die Höhe ja mittlerweile ein wenig gewöhnt sein. Oben angekommen hat man wirklich einen hübschen Ausblick, wenn nicht der gesamte Aussichtspunkt besprüht wäre – aber das ist hier generell ein Problem: kein Respekt vor Kultur auf diesem Kontinent.

20130816-182628.jpg20130816-182807.jpg

Die Aussicht auf Tupiza

Nach meinem kleinen Ausflug bin ich wieder zurück ins Hostel und habe meinen Nachmittag mit Postkarte und Blog schreiben verbracht. Zum Abendessen bin ich der Reisebibel Lonely Planet gefolgt und habe im Tú Pizza Nudeln gegessen, leider kann man diesen Tipp getrost aus dem Büchlein streichen, hat sich nicht gelohnt. Für den Nachtisch habe ich dann verzweifelt versucht ein Snickers käuflich zu erwerben, in einem kleinen Shop wurde ich dann auch fündig, die Dame hat alles mögliche an Dosenwaren und Süßigkeiten verkauft. Am Verkaufstresen hat dann ihr 12 Jahre alter Sohn ein Huhn zerlegt, sehr ansprechend. Das erste Mal in meiner gesamten Zeit hier in Südamerika habe ich dann mal den Fernseher eingeschaltet, was super war, denn es gibt hier jede Menge amerikanische Fernsehsender, die auf englisch senden mit spanischem Untertitel. 🙂

Am nächsten Tag stand dann mein 7-stündiger Reitsausflug an. Ich kam ja schon vorher irgendwann von alleine drauf, dass sieben Stunden auf einem Pferd evtl. zu gewissen Schmerzen führen könnte, aber da hatte ich schon gebucht und gezahlt. Mein Guide Orlando, 20 Jahre jung, hat mich auch fast pünktlich im Hostel um 10.00 Uhr abgeholt. Nach einem kurzen Fußweg standen da auch schon die Pferdchen: Moro, ein weißes war meines und Domino, dunkel war Orlandos.

Und los ging es, gemütlich im Schritt durch die wunderschöne Landschaft Tupizas. Nur wegen der kommt man eigentlich her, und man fühlt sich wie im wilden Westen – zumindest stell ich es mir so vor.

20130816-183011.jpg

Auf dem Weg hoch zu Ross

Wir haben auf unserem Weg noch eine Gruppe Reiter plus Guide an der Puerta del Diablo getroffen, 2 Franzosen mit denen ich mich auf spanisch und sogar englisch unterhalten habe. Ab diesem Treffen sind unsere Gruppen dann zusammen geritten.

.20130815-214110.jpg

Puerta del Diablo

Zwischendurch war dann auch mal Trab angesagt, und ernsthaft: das war so anstrengend. Es war aber zum Aushalten bis man dann mal vom Pferdle abgestiegen ist und merkte, dass man ganz komisch läuft. Am Cañon del Inca haben wir dann Mittagspause gemacht. Dort ging allerdings so ein Wind, dass die Tupperdose mit meinem Essen am Ende leicht gefüllt war mit Sand.

20130816-183107.jpg

„Leichter“ Wind

Aber das Essen war wirklich lecker, Reis (ok, der is halt obligatorisch), Frikadellen und ein Spiegelei, konnt ich mich nicht beschweren. War aber schwierig zu essen mit Wind, so dass wir uns irgendwann hinter eine verfallene Ruine gesetzt haben – so viel besser wars da aber auch nicht. Ab dem nächsten Moment wo ich wieder auf dem Getier saß, fing schon langsam meine Oberschenkelinnenmuskulatur (tolles Wort, benutzt man viel zu selten im aktiven Sprachgebrauch) an zu rebellieren, aber es lagen ja noch ein paar Stunden vor uns…

20130816-183216.jpg

La Torre

Die Landschaft war wirklich sehr schön, aber immer wenn der Trab wieder anstand, hatte ich doch schon leichte Probleme mich auf dem Tier zu halten, meine Kraft war einfach weg. Galopp ging, das hat richtig Spaß gemacht, aber so ein Pferd wird ja auch irgendwann wieder langsamer. Wie ihr seht ich habe es aber überlebt.

20130816-183630.jpg20130816-183710.jpg20130816-183645.jpg20130816-183856.jpg20130816-183923.jpg

Ach ja, durchs Wasser gings auch!

Am Ende war ich wirklich erleichtert, als wir wieder am Ausgangspunkt ankamen. Die Franzosen hatten sich kurz vorher in eine andere Richtung verabschiedet und ritten davon. Nicht so toll fand ich allerdings, dass ich dann alleine zurück zum Hostel laufen musste, als ob ich mir den Weg gemerkt hätte?! Habe ihn aber gefunden und war schon stolz auf meinen Orientierungssinn, vielleicht hat der ja auch was von der Reise und bessert sich. Im Hostel angekommen, hab ich mich erstmal nur hingelegt. Zum zweiten Mal an diesem Tag musste ich dann duschen, denn ich war von oben bis unten voll mit Staub. Danach hab ich es tatsächlich noch zum Post Office geschafft, um die Karten abzugeben, denn der Plan war am nächsten Tag nach Argentinien weiter zu reisen, wo sie mir meine bolivianischen Karten wohl kaum transportiert hätten. Gott, mir tat alles so weh beim Laufen – ja, ihr dürft denken, dass ich pinze, aber es war schlimm! So! Zum Abendessen bin ich wieder in mein italienisches Restaurant gegangen und habe dort auch mal Nudeln in Käsesauce probiert, waren um Längen besser als in der Lonely Planet Empfehlung und billiger. Den Abend habe ich dann mit vier Folgen „The Bachelor“ aus den USA, Staffel 14 ausklingen lassen, hach Trash TV, is auch mal schön nach vier Monaten.

Dann kam der nächste Morgen: der Wecker klingelte um 6:30 Uhr, so früh weil ich am Abend vorher nicht mehr in der Lage war zu Packen. Ich war aber an diesem Morgen auch nicht in der Lage aufzustehen, ich hatte solchen Muskelkater in Beinen und Rücken, dass ich mich nicht bewegen konnte. Abgesehen davon war ich schlagskaputt und konnte mir nicht vorstellen, mit meinem 16-18 Kilo-Rucksack über die argentinische Grenze zu laufen. Hier gibt’s nämlich leider keinen Bus, der den Rucksack bequem über die Grenze fährt, während man selbst den Papierkram erledigt. Zumal hatte ich gelesen, dass die Grenze bei Villazón sehr chaotisch ist und die Argentinier manchmal Stunden benötigen, um das Gepäck zu checken. Kurzum: ich bin liegen geblieben, habe mich irgendwann aufgerafft zu fragen, ob ich noch eine Nacht länger bleiben kann und hab ich mich wieder hingelegt. Zum Frühstück hab ich es dann auch noch mal geschafft, aber ansonsten war mein Bett mein zu Hause für diesen Tag. Ich habe gelesen, diesem Blog ein paar sinnlose Kategorien zugefügt und Dinge erledigt, die ich schon lange vorhatte. Sehr erholsam und ehrlicher Weise sowas brauchts auch zwischendurch mal beim Reisen.

Allerdings hatte ich natürlich irgendwann Hunger, was doof war, denn Samstag Nachmittag hat hier fast alles zu. Ein Restaurant habe ich wieder verlassen, nachdem sie a) keine Cola Light hatten (stand auf der Karte) b) kein Wasser mit Kohlensäure (stand auf der Karte) und c) keine Lasagne. Wer sich übrigens denkt, warum die Frau ständig italienisch isst, ich kann leider auch mit der bolivianischen Küche nicht viel anfangen und ja, ich meide sie. Generell muss ich sagen, Bolivien hat wirklich wunderschöne Ecken, aber ich bin mit Bolivien und auch Peru nie so richtig warm geworden wie mit Kolumbien, das bisher immer noch mein absoluter Favorit in Südamerika ist.

Nun ja, abends bin ich dann wieder in mein Stammlokal, habe eine große Pizza und zwei Gläser trinkbaren Rotwein bestellt und mich danach wieder auf den Heimweg gemacht. Auf diesem habe ich noch schnell zwei Snickers gekauft. Eigentlich nicht erwähnenswert, außer dass hier keiner in der Lage ist ohne Taschenrechner zu rechnen. Die Dame war aber grad in Eile und hat deshalb im Kopf gerechnet anstatt den Taschenrechner zu suchen und somit hat sie mir spontan 15 Bolivianos zu viel rausgegeben. Vorher habe ich, wenn so was passiert ist, immer was gesagt, aber irgendwann war mir das dann auch zu blöd. Der Typ von der Pizzeria hatte sich sogar mit Taschenrechner verrechnet, aber gut dem habe ich 12 Bolivianos Trinkgeld da gelassen. Die Bolivianos mussten ja weg, dachte ich, da ich davon ausging, dass mir die keiner wechseln wird, wurde aber am nächsten Tag eines besseren belehrt. Früh bin ich an dem Abend ins Bett, denn für Sonntag stand der Grenzübertritt wirklich fest im Programm. Gepackt hatte ich nachmittags schon, so konnte ich bis 7 Uhr schlafen und habe mich nach dem Frühstück zu Fuß auf den 5minütigen Weg zum Busterminal gemacht. Das Hostel hatte ich auch schon am Tag vorher bezahlt und zu meiner positiven Überraschung kostete das Zimmer nur 7,50 € pro Nacht anstatt 10 €. 🙂

Zur Grenze nach Villazón kann man entweder mit dem Bus fahren, was ca. 2 Stunden dauert, aber auch nur 10 oder 15 Bolivianos kostet oder man nimmt ein kleines Microtaxi für 25 und ist in einer Stunde da. Am Bahnhof schreien einem Leute schon Villazón entgegen, nach 10 Minuten waren alle Plätze im Microtaxi besetzt und los gings Richtung argentinische Grenze.

20130816-184324.jpg

Mein Micotaxi

In Villazón haben mir schon gleich Leute versucht Bustickets zu verkaufen, aber davon habe ich Abstand genommen, am Ende gibts gar keinen Bus, das hatte ich schon von anderen gehört bzw. gelesen. Ca. 10 Minuten bin ich dann zur Grenze gelaufen und habe auf dem Weg für meine 200 Bolivianos noch 259 Argentinische Pesos bekommen, was ein Traumkurs war: denn 9 Bolivianos sind ein Euro, aber nur 6 Pesos entsprechen dem selben Wert. Deshalb war ich sehr positiv überrascht, dass ich so viele Pesos bekommen habe. Der Grenzübertritt war komplett unproblematisch, Bolivien hat mir meinen Ausreisestempel gegeben und Argentinien hat für mich den Imigrationszettel ausgefüllt und mir ein 90 Tage Visa gegeben. Ich mag Argentinien. 🙂

Schwieriger wars dann ein Taxi auf der argentinischen Seite zu bekommen, deshalb habe ich mir dann mit einem argentinischen Pärchen ein Taxi geteilt, das ebenfalls zum Busterminal wollte. Am Busbahnhof wurde ich, natürlich, gleich wieder angesprochen, ob ich nach Salta will. Ich wollte aber nach Humahuaca, was nur 2,5 Stunden von der Grenze entfernt ist. Zu meinem Glück, ein Bus fuhr gerade los in diese Richtung und noch besser ich konnte mein Ticket mit meinen letzten Bolivianos bezahlen.

Nicht so schön war, dass mir keiner Bescheid gesagt hat, als wir in Humahuaca angekommen waren. Irgendwann bemerkte ich, dass wir durch Städte fahren, die hinter Humahuaca liegen. Panisch habe ich den Busfahrer und seinen Hansel gefragt, was da los ist. Das Gespräch war äußerst sinnlos und am Ende hieß es in „20, 30 Minuten“ wären wir dort. Ich habe das komplett nicht verstanden, weil das geografisch einfach keinen Sinn gemacht hat. Tja, meine Intuition hat mich nicht getäuscht, die haben mich dann einfach in Tilcara, 42 km entfernt von Humahuaca rausgelassen und ich durfte zum Busterminal laufen und mir ein neues Ticket von Tilcara nach Humahuaca kaufen. Super! Ich hatte schon überlegt einfach in Tilcara zu bleiben, aber ich hatte mein Hostel in Tilcara schon und dort hin zu gehen, war eine meiner besten Entscheidungen wie sich rausstellen sollte. Ehrlich gesagt, ich habe ja schon die ganze Zeit darauf gewartet, dass mir so etwas passiert, aber ich hatte noch Glück im Unglück und 40 Minuten später war ich in meinem Zielort (wieder) angekommen…am Busbahnhof habe ich dann Maggie kennen gelernt, die mit mir auch noch im selben Hostel wohnt und seitdem bin ich in Argentinien angekommen und es ist ein einziger Traum. 🙂 Davon dann aber mehr im nächsten Artikel…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert