Rio de Janeiro Teil 1: willkommen im Irrenhaus

Freitag Morgen war es dann soweit und ich flog in die Stadt der Strände und des Karnevals: Rio de Janeiro. Da ich in meinem Hostel El Misti Hostel Copacabana 7 Nächte gebucht hatte, gab es einen kostenlosen Abholservice. Fand ich super, aber das war auch schon fast das einzig gute am Hostel…mein erster Eindruck von Rio war leider verregnet. Zumal fährt man vom Flughafen nach Copacabana an Favelas vorbei und Menschen versuchen auf der Autobahn neutral schmeckendes Gebäck (hab’s probiert) zu verkaufen. Mittlerweile wurde mir aber erklärt warum alle das selbe verkaufen, früher wurde einfach nur gebettelt, heute bekommt man wenigstens Bonbons oder dieses Gebäck als Gegenleistung für die Spende. Wieder was gelernt.

Der Fahrer hat dann erstmal nach 5 Minuten Fahrt an der Straße bzw. Autobahnauffahrt angehalten, um was zu essen. Da ich kein portugiesisch spreche, war unsere Kommunikation auch quasi nicht vorhanden. Ich dachte ja durch das Spanisch würde ich Portugiesisch verstehen, aber nein, die Aussprache ist so unterschiedlich, dass ich ganz selten was verstanden habe. Lesen ging allerdings ganz gut. Nun ja, im Hostel angekommen, war mein erster Gedanke „ich bin zwar kein Star, aber holt mich hier raus „. Das Personal war zwar super freundlich an diesem Tag und sprach auch Englisch, aber das Hostel hat ungefähr eine Kapazität von 100 Leuten, aber ist sehr beengt, so dass man sich wie auf dem Bahnhof fühlt – speziell wenn brasilianische Großfamilien einchecken. Das Internet funktionierte nur im Bereich um die Rezeption und mein Zimmer ähnelte mehr einer Zelle. Um in diese zu gelangen, musste man auch erstmal einen 14-Bett Dorm durchqueren. In Rio wohl üblich sind 3-stöckige Betten, zum Glück hatte ich eines der unteren, in das dritte wäre ich gar nicht hochgekommen! Die Betten waren auch einfach unhübsch, schwarzes Metall und der Raum karg weiß gestrichen, da kam nicht wirklich ein heimiges Gefühl auf. Nun gut, ich konnte nicht stornieren, also findet man sich damit ab. Da es regnete und schon Nachmittag war, bin ich zunächst Geld holen gegangen. Wieder in einem Supermarkt, der praktischer Weise direkt am Hostel lag, man musste nur eine 3-spurige Straße überqueren…das konnte allerdings etwas dauern. Irgendwie fühlte ich mich in Rio am Anfang nicht so wirklich wohl, ich hatte ja auch von Brasilianern gehört, dass Brasilien nicht sicher sei und das ließ mich erstmal skeptisch sein. Zur Verteidigung Rios, ich hatte auch von Brasilianern gehört, dass jetzt alles viel sicherer sei, vor allem die touristischen Gebiete Rios. Anmerkung: jetzt im Nachhinein kann ich auch letzters nur bestätigen!

Nun wollte ich im überdachten Außenbereich vom Hostel ein wenig Recherche betreiben, was denn so in Rio zu tun sei, aber wie es so ist, dazu kam ich gar nicht. Erst habe ich mich mit einer Gruppe Argentinier unterhalten – juchu Spanisch – und dann stellte sich heraus, dass das Pärchen, das mir gegenüber auf der Couch saß halb deutsch, halb französisch war. Dazu kamen dann noch Georgie (England) und Yannis (Zypern). So nach und nach gab es dann eine große Runde, die sich unterhalten hat und da Freitag Abend war, entschloss ich mich doch spontan mit nach Lapa zu gehen. Jeden Freitag Abend findet in Lapa eine Art riesengroßes Straßenfest statt. Kleine Stände verkaufen Essen & Trinken und ich konnte gar nicht glauben wie viele Menschen sich da tummelten. Vorher gab es aber noch Paella, die vom Hostel gekocht wurde, das war ganz nett, jeden zweiten Abend hatte man die Möglichkeit im Hostel billig zu essen.

Wie es so ist mit großen Gruppen, waren natürlich nicht alle gleichzeitig fertig, so dass ich mit Jonas (Deutschland) und seiner Freundin (die Französin) im Bus nach Lapa gefahren bin. Eigentlich haben wir in Rio alles gemacht, was man nicht machen soll wie z.B. nachts mit dem Bus fahren. 🙂 Aber das war wirklich total ungefährlich, der Bus war nur voll mit Leuten, die auch nach Lapa wollten. Im Hostel hatten wir einen Voucher für einen Club gekauft, der uns 2 Stunden freie Caipirinhias ermöglichte – ja, ich weiß jetzt auch warum die frei waren, die waren so was von widerlich! Bäh! Ich muss ja gestehen, ich wäre lieber noch länger durch diese Straßenstände geschlendert als in diesem Club Samba-Musik zu hören, aber irgendwann wurde zu internationaler (schlechter) DJ Musik gewechselt und man konnte auch als Europäer tanzen. Die Gruppe wurde dann noch erweitert um Lydia (England), Emma (Whales) und Matt (Australien). Alle sehr nett, nur Matt war für einen Australier unglaublich still. Da Jonas und seine Freundin am nächsten Tag früh raus mussten, und ich alt bin, bin ich dann mit den beiden wieder mit dem Bus zurück zum Hostel gefahren und hatte meine erste Nacht im Irrenhaus.

Mit mir im Zimmer war ein etwas merkwürdiger Portugiese und eine wirklich seltsame ältere Frau, die meist nur komplett desorientiert im Hostel herumlief. Gegen 6 Uhr morgens fing besagte Frau dann an zu packen – ist ja schon mal nicht ganz so nett den anderen gegenüber, aber wie sie packte! Jeder Gegenstand kam in eine einzelne Plastiktüte und in noch eine und noch eine, von dem ganzen Geraschel war ich dann natürlich wach und habe mal geschaut was sie da so treibt und der ganze Boden war voll mit Klamotten, Plastiktüten und Schuhboxen. Im Laufe des Tages sammelte sich dieser Haufen Kram dann auf einem der Sofas an der Rezeption an, keine Ahnung was sie da gemacht hat, aber das erklärt sich mir nur mit nicht 100%iger mentaler Gesundheit. Da es doch etwas später war am Freitag und ich 3 von diesen Caipis getrunken hatte, habe ich das Frühstück ausfallen lassen und dachte ich mache mir einen lockeren Tag.

Als ich mich dann aber unten auf einem der Sofas niederließ, saßen da schon Yannis, Georgie und Lydia. Die wollten sich die berühmten Treppe Rios, die Escadaria de Sélaron anschauen. Ein exzentrischer chilenischer Künstler hat 215 Treppenstufen zunächst mit Fliesen in den Nationalfarben Brasiliens grün, gelb, blau verschönert. Dann sah er auf einem Markt Fliesen aus verschiedenen Ländern und fing an die alten Fliesen teilweise durch die neuen zu ersetzen. Leute, die davon hörten, schickten ihm Fliesen aus ihren Ländern und so ist die Treppe nun ein kunterbunter Mix und man entdeckt an jeder Ecke etwas neues, interessantes. Nachdem Lydia dann meinte, ich müsse aber mit, habe ich mich dann doch überreden lassen und habe schnell geduscht (großer Fehler: schnell, denn ich habe mein komplett volles Shampoo sowie die Spülung in der Hektik in der Dusche stehen lassen!). Yannis und Lydia sind schon vor und ich bin dann mit Emma und Georgie los. Rio hat ein ganz gutes Metrosystem, so dass wir mit einmal Umsteigen an der Station Cinderella – so heißt sie nicht wirklich, aber so haben wir sie uns gemerkt (richtiger Name: Cinelandia)– ausgestiegen sind und dank Emma, die schon mal in Rio war, haben wir die Treppe, die etwas versteckt liegt, auch problemlos gefunden. Die Treppe ist ein Touristenmagnet, versteh ich aber auch, ich hätte hier stundenlang herumwandern können!
Der Künstler hat sich übrigens Anfang dieses Jahres selbst umgebracht und zwar auf der Treppe, angeblich weil er Angst vor einem Drogenkartell hatte.

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Escadaria de Sélaron

Man fährt zwar nach Lapa, um die Treppe zu sehen, sie befindet sich aber eigentlich im Künstlerviertel Santa Teresa, das auf einem steilen Berg liegt. Den sind wir hoch gelaufen (mein lauthalses Beschweren sorgte zum Amüsieren der Gruppe – die dachten cht ich mache Witze…ts…). Durch unseren kleinen Aufstieg kamen wir so zum Parque das Ruinas, auf den ersten Blick erschloss sich uns nicht so ganz was genau die Ruinen sein sollte, da wir zunächst nur einen Hof betraten in dem eine eine Bühne aufgebaut war, aber man hatte einen super Blick über Rio.

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Der Aufstieg

e mich danach dann auf ins Land der süßen Träume gemacht, denn brasilianisches Bier konnte ich schon langsam nicht mehr sehen…20131019-212550.jpg20131019-212600.jpg

Der Ausblick

Als wir dann aber um die Ecke gegangen sind, ergab der Park der Ruinen auch seinen Sinn. Hier steht das Haus einer berühmten Nachtclubbesitzerin Rios, zumindest hat das Lydia erzählt. Die Ruine ist mit moderner kühler Architektur kombiniert worden und hat mir total gut gefallen. Außerdem hatte man auch hier vom obersten Stockwerk aus eine tolle Aussicht, es hätte nur etwas sonniger sein können.

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Die Aussicht von der Ruine aus

Über eine Brücke gelangt man dann zu einem weiteren Anwesen, dem Museo de Chácara do Céu. Das Haus gehörte einem reichen Industriellen, der auch Kunstliebhaber war und nach seinem Tod sein Haus und seine Kunstsammlung der Öffentlichkeit vermachte, so kann man beides für den Preis von 2 Reals besichtigen. Das haben Georgie und ich dann gleich gemacht. Das Museum ist hübsch gestaltet und toll ist der Garten in dem verschiedene Statuen moderner Art stehen.

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Museo de Chácara do Céu

Mittlerweile hatten die anderen uns auch gesucht und im Museum gefunden, zusammen machten wir uns dann auf den Rückweg und haben an einem kleinen Eckcafé Halt gemacht und durch Zufall eine super gute Pizza gegessen. Respekt an die Brasilianer! Mit der Metro ging es dann wieder zurück, dank Emmas Ortskenntnissen haben wir aber erstmal die Bahn in die falsche Richtung genommen. 🙂 Schön, dass so was nicht nur mir passiert. Den Nachmittag habe ich dann mit Blog schreiben und Lesen verbracht. Die anderen wollten noch ausgehen, ich war aber eigentlich mit Astrid aus Foz do Iguacu verabredet. Irgendwie fühlte ich mich aber nicht so gut und so habe ich dann auch Astrid abgesagt, gelesen und bin früh eingeschlafen. In meinem Zimmer war mittlerweile eine brasilianische Familie eingezogen, 6 Leute, Bruder, 2 Schwestern, Ehemänner und ein Teenager. Mit dem einen Bruder hatte ich mich noch ganz nett auf spanisch unterhalten, aber nachts hörte die Freundschaft dann auf. Wir hatten im Zimmer einen Ventilator, der wenn er an war, mir direkt ins Gesicht geweht hat. Außerdem gab es noch eine Klimaanlage, da ich am Abend alleine im Zimmer war, habe ich die ausgestellt. Nun kam die brasilianische Großfamilie gegen 1 Uhr vom Essen zurück, erstmal Licht an und in Normallautstärke wird sich unterhalten – okay, andere Länder, andere Sitten. Um 5:30 Uhr war dann aber echt der Spaß zu Ende, die eine fing plötzlich an in einer Lautstärke zu reden, die anderen antworten und ich denke, was ist denn da jetzt los?? Das Licht geht an und der Ventilator gleich mit – nee, aber nicht mit mir. Auf Spanisch habe ich dann gesagt, dass der definitiv nicht anbleibt, der war abgesehen vom Wind auch noch richtig laut! Ein Brasilianer (2. Stockbett) meinte dann wir könnten ja tauschen, dann würde mich der Ventilator nicht stören. Recht unfreundlich antwortete ich dann, dass ich nicht tauschen will, sondern schlafen, weil es halb Sechs Uhr morgens ist und sie dann doch einfach die Klimaanlage anmachen sollen!!! Das war nämlich das Grundproblem, denen war zu warm, was ich nicht nachvollziehen konnte, denn es war zu dieser Zeit nicht sonderlich warm in Rio und wenn jemand an Hitze gewöhnt sein müsste, dann doch irgendwie die Brasilianer. Lange Rede, nicht viel Sinn, irgendjemand kam und hat die Klimaanlage angestellt…war mir zu kalt und ich habe mit Jacke geschlafen, vom Lärm mal ganz abgesehen – somit Nacht Nummer 2 mit nicht wirklich erholsamen Schlaf.

Das war dann das Ende der deutsch-brasilianischen Freundschaft…die Familie hat dann nicht mehr so viel mit mir gesprochen, was mir aber auch nur recht war.

Sonntag war es dann endlich sonnig in Rio! Dementsprechend sind Yannis, Emma, Matt und ich nach dem Frühstück auf zum Strand von Ipanema. Bekannt ist Rio ja für seine Strände: Ipanema, Copacabana und Leblon. Ipanema wird sich von verschiedenen Gruppen aufgeteilt, so ist der Posto 9 (Abschnitt 9) Treffpunkt für die Schönen der Stadt und Posto 11 für die Schwulen. Unser Hostel lag sehr nah an der Copacabana, bis Posto 9 in Ipanema sind wir aber mal gute 40 Minuten gelaufen. Sonntags ist die Straße, die am Strand entlangführt für den Verkehr gesperrt und sie war voll mit Skateboardern, Inlinefahrern, Joggern, Touristen und Einheimischen – so wie man sich das vorstellt.

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An der Copacabana

Am Strand von Ipanema angekommen, haben wir für günstige 3 Reals jeder einen klappbaren Stuhl gemietet und lagen in der Sonne. Erst war der Strand noch nicht so voll, das hat sich aber mit der Zeit geändert und um uns rum lagen jede Menge Brasilianer, die verstärkt auf ihren Körper geachtet haben, sprich bodybuilderähnliche Ausmaße hatten. Ich muss leider anmerken, so viele wunderhübsche Mädels in knappen Bikinis habe ich jetzt nicht gesehen… dafür habe ich mir eine Kokosnuss gegönnt und dank Yannis Verhandlungsgeschick (die Südeuropäer) hat sie auch nur 5 anstatt 6 Reals gekostet. Am Strand habe ich auch noch brasilianischen Matee probiert, schmeckte wie Eistee und ein Hühnchensandwich. Im Großen und Ganzen war das ein ein sehr entspanner Strandtag.

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Ipanema

Auf dem Rückweg haben wir noch einmal Halt gemacht für eine Portion Pommes, die leider nicht so richtig gut war, aber naja. Im Hostel angekommen, ging dann das ewige Problem los, keine Dusche frei. Wie gesagt für gut 80-100 Leute gab es nur 5 Duschen! Dass das nicht ausreichend ist, muss ich eigentlich gar nicht erwähnen. Da stellte ich dann auch fest, dass mein Shampoo und meine Spülung weg waren, sehr ärgerlich, weil der Kram hier ja so teuer ist…oh Mann, ich unverbesserlich. Der Typ von der Rezeption war auch nicht unbedingt hilfreich und meinte, wenn ich das gestern vergessen hätte, wäre es ja klar, dass das jetzt weg wäre… nach dem Duschen bin ich dann erstmal in den Supermarkt und habe für 10 € neues Shampoo und Spülung gekauft. Denkt man ja, das geht ganz schnell, nicht in Brasilien, ich hätte in der Zeit, die die Frau brauchte zum Scannen meiner 5 Artikel, mal locker 3 Kunden abgefertigt. Und das ist jetzt keine Arroganz, ich hab ja mal bei minimal (wer sich noch erinnert, das hieß so bevor es REWE wurde) an der Kasse gearbeitet.

Abends wollte ich ja eigentlich wieder langweilig zu Hause bleiben, aber da hatte ich keine Chance. Zu viele junge Menschen, die keine Ausrede gelten ließen, so dass ich dann mit bin. Mittlerweile war auch Jeff (26, Irland) angereist, der unglaublich lustig war, wie ein kleiner verrückter Professor lief und auf zwei Freunde wartete, mit denen er für 6 Monate durch Südamerika reisen wird. Zunächst haben wir im Hostel das günstige Bier getrunken, 3 Reals für eine Kaltweizenschorle, da kann man nichts sagen – mal abgesehen von der Promo 4 zum Preis von 10 Reals! Da Georgie sich mit einem Mädel aus einem anderen Misti Hostel treffen wollte, haben wir uns alle aufgemacht und sind zwei Straßen weiter ins nächste Misti gelaufen (es gibt insgesamt 5 El Misti, weshalb ständig jemand im falschen Hostel anreist). Dort gab es dann für Jeff und mich jeweils 2 Caipis. Insgesamt war die Gruppe echt nett und der Running Gag war, dass wir uns ständig gegenseitig Geld geliehen haben, Rio ist halt teuer, nicht wahr. So habe ich dann auch mal für Jeffs Drinks gesorgt, der ja gerade erst vom Flughafen kam. Mittlerweile setzte bei mir dann doch ein verstärktes Hungergefühl ein und ich war so froh, als Sophie (das andere Mädel) endlich im Hostel war und wir los konnten. Da wir nämlich zu spät waren, ist Sophie zu unserem Hostel gelaufen während wir zu ihrem sind…englische Organisation. Sophie hatte noch ein Mädel im Schlepptau: die Gabi, die lustiger Weise auch aus Belo Horizonte kam, die Stadt, die mein letztes Reiseziel in Südamerika sein würde.

Wir sind dann in ein super Restaurant gegangen, bei dem man so lange Fleisch frisch von einem Metallspieß abgeschnitten bekommt bis man seine kleine Karte, die man vorher erhält von grün auf rot dreht. Dazu gab es ein super Salatbüffet, das aber komplett vernachlässigt wurde, weil andauernd neues Fleisch auf dem Teller lag und zwar wirklich gutes. 57 Reals hat dieses all you can eat gekostet, also knapp 20€. Eigentlich wollte ich dann ja heim, aber ich hatte immer noch keine Chance und da Gabi so ortskundig war, sind wir dann mit zwei Taxis zur Casa Rosada gefahren. Ein Club, der zum Teil unüberdacht ist und komplett in Rosa angeleuchtet wird. Die Preise waren okay, die Leute auch cool, aber die Musik…nee, also die Liveband war mir zu langweilig und der Dancefloor war mir zu südamerikanisch. Um 1 Uhr war der Spaß dort dann auch schon wieder vorbei, keine Ahnung warum der Club so früh zu macht, aber ich war gar nicht so böse drum und dann kam die dritte Nach im Irrenhaus.

Ich hatte ja schon erwähnt, dass noch ein Brasilianer mit im Zimmer war, sein Bett war direkt neben meinem, so dass ich dachte, mein Schwein pfeift als sein Wecker um 5:30 Uhr morgens klingelte – was ja noch geht – aber er fing dann an zu packen!!! Ernsthaft, so was macht man doch vorher, wenn man in einem Mehrbettschlafsaal schläft! Die anderen Brasilianer waren davon dann irgendwann so genervt, dass sie lautstark das Zimmer verlassen haben…wieder eine Nacht in der ich nicht durchschlafen konnte…

So unschön ich das Hostel fand, die Leute waren echt cool und das Frühstück konnte sich auch sehen lassen, das hat mich morgens motiviert aufzustehen. Rio zeigte sich an diesem Tag aber nicht von seiner besten Seite und es regnete in Strömen. Da wir auch noch Montag hatten, konnten wir auch in kein Museum, da saßen wir dann alle. Erwähnen kann ich auch noch, dass das Hostel direkt an dieser 3-spurigen Straße inkl. Tunnel lag sowie einer Baustelle, gemixt mit Regen prasselnd auf Wellblechdach hat man sein eigenes Wort nicht verstanden. Georgie schlug dann irgendwann vor, dass wir bei dem Wetter dann doch eine Favelatour machen könnten. Das habe ich dann mal organisiert und um 11 Uhr mit Favelatours.com.br (Empfehlung aus dem LP) ausgemacht, dass sie uns um 14.00 Uhr abholen. Während ich da so am Organisiern war, kam dann der Rezeptionist und versuchte mir in gebrochenem Englisch beizubringen, dass ich aus meinem Dorm in einen anderen umziehen müsste, weil der Raum gestrichen wird. Ich hatte mich morgens schon gefreut, denn die Großfamilie war abgereist und so war ich alleine im Zimmer. 🙂 Ja, falsch gedacht, ich meinte dann, wann ich umziehen müsste, Antwort „jetzt“. Ich frage mich was passiert wäre, wenn ich nicht im Hostel gewesen wäre, was hätten die denn dann mit meinem Kram gemacht?? Denn während ich meine Sachen von meinem 9-er Dorm in den 14er von Emma und Georgie brachte, kam der Maler schon mit der Farbe rein. Wie auch immer, habe ich durch diesen Umzug einen tragischen Verlust zu vermelden, denn meine blaue Trinkflasche ist bei diesem Umzug verschwunden, ich glaube ja, die Putzfrau hat sie weggeschmissen, weil sie so verloren hinter dem Bett stand. 🙁 Muss ich jetzt ne neue kaufen. Da ich ja in einen billigeren Raum umzog, ging ich davon aus, dass ich die Differenz, die ich zu viel gezahlt hatte, wiederbekomme. Das Mädel von der Rezeption fing doch dann an mit mir darüber zu diskutieren, gegen meine Natur war ich aber mal wirklich der genervte Kunde mit dem Ergebnis, dass ich das Geld doch bekam! Ist ja schlimm, dass man meist nur mit Dreistigkeit weiter kommt…

Ein Besuch in der Favela

Wir waren uns eigentlich alle nicht so einig, ob das so eine tolle Sache mit den Favelatouren ist, denn irgendwie will man sich ja nicht arme Menschen wie im Zoo anschauen. Auch jetzt nach der Tour weiß ich nicht, ob ich es empfehlen würde, evtl. gibt es auch bessere als die mit der wir unterwegs waren, aber in der kurzen Organisationszeit waren das die einzigen, die uns zugesagt hatten. Nun wurden wir auch nicht am Hostel abgeholt, sondern mussten durch diesen Tunnel laufen, um zu einem anderen Hotel zukommen. Vorher waren wir übrigens noch lecker bei einem Mini-Schnellimbiss für asiatische Küche & Sushi Mittag essen. Am Hotel angekommen, hielt kurz darauf der weiße Van und unsere französische Tourleiterin stellte sich vor. Sie hat selbst 2 Jahre in Favelas in Brailisien gelebt und konnte somit immerhin von ihrer eigenen Erfahrung sprechen. Zunächst besuchten wir eine der kleinsten Favelas in Rio: deren Namen ich noch googlen muss.. Interessant ist, dass direkt neben den Ärmsten der Armen die Superreichen in prunkvollen Villen leben.

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Direkt gegenüber der Favela

Ich versuche mal ein wenig die interessanten Infos, die ich aus der Tour mitgenommen habe zusammen zu fassen: als immer mehr Menschen auf der Suche nach Arbeit in die Großstädte Brasiliens zogen, war einfach nicht genug Wohnraum bzw. bezahlbarer Wohnraum vorhanden. Die Menschen wussten sich zu helfen und bauten ihre Häuser am einzig möglichen Ort in Rio de Janeiro: in den Bergen. Das hat zur Folge, dass die Favelas die beste Aussicht über Rio genießen, was man später an den Bildern sehen wird. Das Gesetz in Brasilien zum Thema Grundstücksbesitz ist allerdings recht außergewöhnlich, wenn ein Haus 5 Jahre lang steht, gehört es demjenigen der es erbaut hat inkl. dem Grund und Boden auf dem es steht. Somit kann man die Favelas auch nicht einfach abreißen. Nun gelten Favelas ja allgemein als super gefährlich und da die WM sowie die Olympischen Spiele vor der Tür stehen, versucht Brasilien gerade die Probleme in den Favelas in den Griff zu bekomme. Laut unserem Guide sind Favelas aber weit weniger gefährlich als andere Gegenden in Rios, weil die Leute hier eigentlich recht zufrieden sind. Keiner sagt ihnen was sie tun dürfen und was nicht, es gibt keine Regeln an die man sich halten muss und die meisten Favela-Bewohner verfügen nicht über viel Schulbildung, so dass sie ihr Leben dort nicht hinterfragen. Wie gesagt, dass sind die Infos aus der Tour, ob das so stimmt, ewiß ich nicht zu beurteilen. Uns wurde auch erzählt, dass man nie in einer Favela überfallen werden würde, weil die Leute dort gar nicht mit Wertgegenständen rechnen würden, Diebe würden dort hingehen wo viele Touristen sind. Klingt irgendwie logisch, aber ich denke, sollte jemand mit iPhone durch eine Favela laufen, wird er höchstwahrscheinlich ohne wieder rausgehen…

Vor dem eigentlichen Favelabesuch haben wir noch eine Art Schülerhilfe besucht, die von einem reichen europäischen Pärchen gegründet wurde, dass direkt gegenüber der Favela gewohnt hat – erst vor kurzem sind beide Eheleute gestorben.

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Para ti – Schülerhilfe für Kinder aus der Favela

Dort habe ich dann auch ein Bild käuflich erworben, dass von diesen Kindern gemalt wurde – Geld musste ich mir übrigens von Jeff leihen, da ich vorher Georgie Geld für die Tour geliehen hatte… 🙂 Das wirklich interessante an der Favela war für mich eigentlich die Architektur – unglaublich wie schief man Stockwerke aufeinander bauen kann…

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Ganz neue Architektur

In dieser Favela haben die Straßen sogar Namen, d.h. die Bewohner können Post empfangen. Viel Spaß wünsche ich dem Postboten, denn die Straßen in den Favelas sind super eng und vorallem geht es andauernd hoch und runter, weil in jedes freie Eckchen doch noch ein Haus gequetscht wurde.

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Sich ein Beispiel daran genommen, hat wohl dieser Hund…

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Ob das bequem ist?

Obwohl die Menschen hier arm sind, versuchen manche doch wirklich erfolgreich ihr Häuschen zu schmücken.

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Insgesamt hatte ich einen recht positiven Eindruck von dieser ersten Favela, wenn ich das so sagen darf. Die Leute dort haben uns alle recht freundlich gegrüßt und es war auch kein Problem Fotos zu machen, man brauchte um nichts Angst haben. Was mir an unserer Tour nich so gefiel, dass wir öfters im Van saßen. Wir sind dann nämlich zur größten Favela Brasiliens gefahren worden: Rocinha. Angeblich wohnen hier über 250.000 Menschen und hier gibt es keine Straßennamen, man muss in einen nahegelegenen Bäcker, Flipflopladen, Kiosk, was immer, um dort seine Post abzuholen.

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Rocinha

Auch hier kam uns jetzt nicht die schlimmste Armut entgegen, ich hatte mehr den Eindruck eines geschäftigen, wenn auch echt dreckigen Stadtviertels. Mit dem Van ging es dann den Berg hoch tiefer in die Favela hinein und nachdem wir eine Autowerkstatt durchquert hatten, konnten wir diesen Ausblick genießen.

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Riesig, oder?

Das Wetter war halt nicht so schön, aber ich war trotzdem echt beeindruckt. Nachdem ich fast meine Kamera vom Balkon hätte gleiten lassen (danke an Jeff, der hat sie aufgefangen!), sind wir dann wieder mit dem Van ein Stück weiter hoch gefahren und hatten die Möglichkeit noch mehr Arbeiten von Künstlern aus der Favela käuflich zu erwerben. Aber wir hatten auch einen echt guten zweiten Ausblick von dort, hat schon eine gewisse Ironie, dass die Leute mit dem geringsten Einkommen den besten Blick über die Stadt haben:

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Und damit endete unsere 2-stündige Tour zum Preis von 75 Reals, wir wurden an der Copacabana rausgelassen und sind zurück zum Hostel gelaufen. Montag Abend hatte Yannis dann die Idee Steaks zu braten, das war auch eigentlich ne super Idee bis darauf, dass wir bis 21.30 Uhr die Küche nicht benutzen konnten, weil dort das Hostelessen zubereitet wurde! Somit gab es unser Essen erst gegen 22 Uhr und ich war schon leicht gereizt und das dann für ca. 6 Minuten Genuss…naja ich habe mich danach dann auf ins Land der süßen Träume gemacht, denn brasilianisches Bier konnte ich schon langsam nicht mehr sehen…

2 Gedanken zu „Rio de Janeiro Teil 1: willkommen im Irrenhaus

  1. Na da wäre ich ja gern dabei gewesen im Hostel des Grauens! Hört sich ja furchtbar an, ich glaub ich wäre ausgerastet. Aber schöne Eindrücke aus Rio, vielleicht sollte ich meine Meinung über die Stadt nochmal überdenken. Der Hund war süß und Fleisch all you can eat, tolle Strände…. Übrigens ich hatte es noch nicht gesagt, die Fotos sind perfekt aufgelöst und in einer äußerst leserfreundlichen Größe 🙂 Grüße nach Neuseeland!

  2. Super schöne Aussicht! Wouw. Und bestimmt sehr interessant weil hinter jeder Ecke was neues zu entdecken ist.

    Ich glaube ich wäre im Hostel auch ausgerastet wenn um 05:30 Uhr die Nacht zu Ende gewesen wär.

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