Medellín: die ehemalst gefährlichste Stadt der Welt

Ich habe endlich den Absprung von der Küste Kolumbiens geschafft und bin Dienstag Nachmittag in Medellín, der zweitgrößten Stadtkolumbiens (über 2 Millionen Einwohner) angekommen. Ich hatte Glück und habe Omar und Elias aus dem Hostel in Palomino am Flughafen wiedergetroffen und saß lustiger Weise direkt hinter Elias im Flugzeug. Übrigens 1A Fluggesellschaft innerhalb Kolumbiens: Avianca. Wenn sie dann mal fliegen, ist schon das zweite Mal das ich auf einer Kurzstrecke bei einer südamerikanischen Fluggesellschaft ein Eintertainment-Center nutzen und Big Bang Theory schauen konnte. 🙂 Super war auch, dass wir uns danach das Taxi geteilt haben, das kostet nämlich mind. 60.000 Pesos. Normalerweise steigen irgendwie alle Reisenden im Stadtteil El Poblado ab und so heißt auch mein Hostel Hostal Poblado Park, sehr sauber, nett, super Internetverbindung, aber kaum Leute. Nach den letzten Wochen des fast nie alleine seins, find ich das aber gar nicht schlimm, sondern eine willkommene Abwechslung. Ich bin an meinem ersten Abend dann als erstes in den örtlichen Supermarkt und habe eingekauft, auch hier: nutella unwahrscheinlich teuer mittleres Glas um die 5€… im Hostal habe ich mir dann was zu Essen gemacht und bin früh schlafen gegangen. Aber ich kann schon so viel sagen Medellín hat mir von Anfang an gefallen, war diese Stadt in den 90er Jahren die gefährlichste der Welt so ist davon heute kaum noch was zu spüren. Die Zeiten von Drogenboss Pablo Escobar sind vorbei seit er 1993 erschossen wurde und seit die Regierung hart durchgreift sind auch Guerillas und Paramilitärs in ihrer Macht stark eingeschränkt. So viel mal kurz zur kolumbianischen Geschichte und der aktuellen Situation…ich fühle mich hier sicherer als in Quito und auch da wars’s ja nicht schlimm.

Beim Frühstück am nächsten Tag habe ich dann Paul und Lucy aus England kennen gelernt, die sich mir spontan zur Free Walking Tour Medellín angeschlossen haben. Um 10 Uhr haben wir uns mit der Gruppe an der Metrohaltestation El Poblado getroffen und schon gings los. Medellín ist die einzige Stadt in Kolumbien, die über ein Metronetz verfügt und diese sowie viele weitere Umstände tragen dazu bei, dass sich die Einwohner dieser Stadt, die paisas so überlegen gegenüber dem Rest Kolumbiens fühlen. Medellín liegt ähnlich wie Quito in den Bergen und die Einwohner waren bis vor 300 Jahre isoliert von der Außenwelt bis sie Kaffee anpflanzten und eine Straße bauten, um den Kaffee zu transportieren. Die Staße bedeutete dann das Ende der Isolation. Aber zurück zur Tour, von der weiß ich nämlich die ganzen schlauen Sachen über Kolumbien bzw. von unserem Guide Pablo. Wir haben eine super interessante Tour durch Medellín gemacht, Highlight war für mich dabei die Plaza de la Luz, ein ansprechend angelegter Platz auf dem früher nur Junkies und Kriminelle zu finden waren.

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Plaza de la Luz (unbeleuchtet)

Von diesen Säulen stehen hunderte auf dem Platz, die nachts beleuchtet sind. Leider habe ich es nicht nochmal abends in die Stadt geschafft, ich bin grad einfach ein wenig faul.

Generell hat Pablo uns zu Plätzen gebracht, die stark mit der Geschichte und dem Wandel Medellíns verbunden sind. Toll ist der Plazoleta de las Esculturas auf der 23 Bronzeskulpturen des wichtigsten Künstlers Medellíns stehen Botero– gestiftet vom Künstler selbst. Kennen vom Sehen her bestimmt viele, er hat eine Vorliebe für dicklich aussehende Figuren wie man auf den Bildern erkennen kann.

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Dickes Kind vor Dicker Frau

Sehr amüsant war auch die Geschichte des Palacio de la Cultura, der im Zentrum Medellín’s steht. Ein belgischer Architekt sollte den neuen Palast für Kultur entwerfen, weil den Kolumbianern die europäische Architektur so gut gefallen hat. Er hat das Angebot auch angenommen, jedoch nach wenigen Monaten verärgert die Stadt verlassen, weil aufgrund ständiger politischer Streitigkeiten das Gebäude nicht fertig wurde. Nun wussten die Kolumbianer nicht wie sie den Palast vollenden sollten – bisher stand nur 1/4 des ursprünglich angedachten Gebäudekomplexes. Und hier kommt nun südamerikanische Arbeitsweise zu Tage: sie haben das Gebäude 1. einfach viel kleiner gebaut (machen wir doch einfach die Büros auch kleiner!). Betrachtet man die Vorderseite des Gebäudes:

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sieht man wie aufwändig die Gestaltung der Außenfassade angedacht war. Die Kolumbianer dachten sich aber, 2. ach komm weiße simple Backsteine reichen doch auch und somit sieht diese nun so aus:

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Links: europäisch – rechts: kolumbianisch

Eigentlich sollten diese grobklotzigen Steine wenigstens noch abwechselnd schwarz bemalt oder weiß gelassen werden, damit das Muster fortgeführt wird, aber das war ihnen dann auch zu viel Arbeit. 🙂

Geendet hat die Tour an einem Platz auf dem in den 90er Jahren (wenn ich mich recht erinnere) bei einem Fest eine Bombe explodiert ist und zwar in einer der beliebten Boterofiguren: einem Vogel. Auf Wunsch Boteros hin wurde der gesprengte Vogel als Mahnmahl inkl. einer Gedenktafel an die Opfer, die ums Leben kamen stehen gelassen und eine neue Figur wurde direkt nebenan aufgestellt.

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Der gesprengte Vogel

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Der neue

Medellín hat echt eine bewegte Vergangenheit, auch wenn Pablo die Geschichten über seinen Namensvetter Escobar ausgespart hat. Es gibt hier auch eine Rundtour, die sich nur mit dem ehemaligen Syndikatsboss beschäftigt und am Ende kann man mit seinem Bruder sprechen, aber ehrlich gesagt halte ich nicht viel davon einen Drogendealer zum Nationalhelden zu pushen, außerdem kostet die Tour 60.000 Pesos…nee nee. Anschließend sind ein paar der Gruppe noch mit der Seilbahn gefahren, ich auch. 🙂 Diese verbindet den ärmeren Norden der Stadt mit dem Zentrum und ist eine Fahrt wert, weil man von oben sehen kann wie die Häuser der ärmeren Bevölkerung gebaut sind. Ein krasser Unterschied, wenn man hier im Süden wo ich grade diesen Bericht schreibe die ganzen schicken Hochhäuser sieht. Wir sind sogar noch hoch bis zum Parque National Arví gefahren, allerdings gabs da nicht wirklich was zu tun und so ein hinterhältiger Kolumbianer hat meine schlechten Spanischkenntnisse ausgenutzt, und hat uns 5 anstatt zurück zur Seilbahnstation zu irgendso nem ZipLine Gelände im Park gefahren. Nach Verhandlungen hat er uns dann aber wieder zurückgefahren und wir sind mit der Seilbahn wieder heil im Zentrum der Stadt angekommen.

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Foto aus der Kabine

Abends wollten sich alle dann noch in dem InHostel Casa Kiwi treffen und danach auf eine Party im naheliegenden Park gehen, aber ich war so müde, dass ich das abgesagt habe und seelig eingeschlafen bin. Wie sich rausgestellt hat, war das auch die richtige Entscheidung, als Lucy und Paul in der Casa Kiwi ankamen, waren die anderen nicht da und somit fiel auch die Party ins Wasser. Heute bin ich dann alleine los, denn es gab noch ein paar Dinge, die ich hier besichtigen wollte, aber mein Glückstag war heute nicht. Medellín hat einen hübschen Botanischen Garten, der u.a. ein Schmetterlingshaus beheimatet – das war geschlossen – grmpf…

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Danach bin ich in den direkt neben dem botanischen Garden gelegenen Parque Explora gegangen, eine Art interaktives Museum, mehr für Kinder gedacht, aber ich fands cool. Denn es gab Dinosaurier! Es wollt ja keiner mit mir im Januar in die Dinosaurier-Show, da hab ich mich hierüber um so mehr gefreut:

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Die bewegen sich nämlich 🙂

Es gibt auch ein Aquarium in dem ich sowas von riesengroße Fische gesehen habe, Hammer – bis zu 4,5 m werden die lang und leben im Amazonas, na danke, da streck ich meine Füße sicherlich niemals rein! Abgerundet wird das Ganze von einer Vielzahl Mitmach- & Denkspiele – war ich aber nich so erfolgreich, muss an den spanischen Erklärungen gelegen haben. Aber auch hier Pech, das 3D Kino war geschlossen oder man musste irgendwas reservieren, hatte ich aber keine Lust zu. Wie gesagt, ich habe mich hier bisher total sicher gefühlt, was allerdings wirklich große Ausmaße annimmt und auch nervt, ist dass du als Gringo/a hier echt auffällst. Bei der gestrigen Walking Tour (wir waren über 20 Leute, alle Europäer) standen zum Teil Gruppen von 10 Kolumbianern um uns herum und haben uns bestaunt…sehr strange. Unser Guide erklärte uns auch, es gäbe in Kolumbien eine Papaya-Regel und zwar bedeutet diese, dass es für Kolumbianer ganz normal ist, wenn du Ihnen Papaya sprich die Gelegenheit gibst etwas zu klauen (z.B. Rucksack hinten tragen, Kamera am Arm baumeln), dann ist das total legitim, weil es deine Schuld war. Ob das so stimmt, muss ich noch googlen, aber einleuchtend klingts ja irgendwie.

Nach dem Park bin ich dann zum Parque de los Pies Descalzos gegangen bzw. mit der Metro gefahren und dann hab ich das blöde Ding erstmal gesucht. Der Park ist dafür bekannt, dass man dort barfuss umherlaufen soll – tja, nur wird der grad überarbeitet und ich konnte meine Füße nur in ein wenig Sand stecken…

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Hinter mir der Park

Zum Abschluss dacht ich dann an etwas Kultur und wollte zum Museo del Arte Moderno, gesagt, getan, hin mit dem Taxi und dann: GESCHLOSSEN – weil sie für ne neue Ausstellung umbauen…argh…das ist aber gar nicht nett!!! Naja, danach bin ich heimgelaufen und habe mich mit einem Brownie & Eis getröstet. Medellíns Nachtleben soll total berauschend sein – klar, Dir wird hier auch an jeder Ecke Koks angeboten, aber ich bin die Tage mal langweilig und werde auch heute früh zu Bett gehen, denn morgen gehts gegen alle meine Wünsche wieder mal auf einen Berg: El Peñol
Anschließend werde ich mich aufmachen zum wichtigsten Exportprodukt Kolumbiens Kaffee und einige Tage in der Zona Cafetera verbringen, ob ich dort online bin, weiß ich noch nicht, also nicht wundern falls ihr mal nichts von mir hört. Ist ja aber auch mal nett so Ruhe von mir. 😉

PS: Aufmerksamen Lesern wird nicht entgangen sein, dass ich eine Sonnenbrille auf dem Foto trage – ja, ich habe eine auf den Boden gefunden und die benutz ich jetzt bis ich mir ne neue kaufe, irgendwie hab ich doch ein wenig Glück.

6 Gedanken zu „Medellín: die ehemalst gefährlichste Stadt der Welt

  1. Du entwickelst Dich ja langsam zu einer total begeisterten Wanderin, wahrscheinlich möchtest Du in 2 Monaten garnichts anderes mehr machen. Aber ein paar ruhige Tage stehen Dir natürlich auch mal zu.
    Weiterhin viel Spaß und alles Gute

  2. Hi Lieblingstochter,
    Du wirst noch total sportlich, die Wanderungen sind ja wirklich nicht ohne !
    Keine Angst mehr vor Getier aller Art-super .Hauptsache Du hast viel Spaß und erlebst interessante Sachen. Einen Teil Deiner Lebensmittel haben wir schon gegessen, die roten und schwarzen linsen gaben eine leckere Suppe, Die Vollkornfarfalle einen Auflauf. Wenn Du nächstes Jahr wieder da bist Gibt es ein schönes Menü für Dich. Als Vorspeise :frittierten Fisch, zum Hauptgang
    Hühnchen mit Reis fürs Dessert finden wir noch was…
    Am Sonntag holen wir Oma Friedchen aus der Reha-mal gucken wie es dann weitergeht .
    HDGDL !!! Papa und Mama

  3. Hi Marinchen,
    schön, mal wieder von dir zu lesen. Gut, dass du fitt bist und so viele schöne Erlebnisse hast. Ich bin immer in Gedanken bei dir und sage dir jetzt schon, dass du Bogotá noch mal umwerfender finden wirst. Du wirst auch Botero dort wieder treffen, d.h. seine dicken Kunstwerke. Es gibt dort auch ein Museum oder Ausstellung – kannst rein gehen – die ist gratis, da kann man sich´s noch mal antun. Ich bin noch immer in Cuenca, heute gibt’s in meiner Lieblingskneipe das Fußballspiel Peru – Ecuador. Nächste Woche reise ich im Bus nach Loja, bleibe 2 Tage und dann geht’s ins Paradies, nach Vilcabamba. un abrazo y beso para ti – de ti Kerstin

    • Ach deshalb brüllen die hier alle so, das erklärt einiges. Ich wünsch Die viel Spaß in Vilcabamba, da schaff ich’s wohl nich hin…

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