La Paz: die höchste Stadt der Welt

Da waren wir nun in der höchsten Stadt der Welt, wie hoch genau La Paz jetzt liegt kann man gar nicht so sagen, weil sich diese Stadt mit 1,5 Millionen Einwohnern an die Hänge um sie herum schmiegt und somit auf unterschiedlichen Höhen liegt. Auf jeden Fall sind es an manchen Stellen bis zu 4.000 Meter über dem Meeresspiegel. An unserem ersten Tag haben wir zunächst einmal das Pancake Frühstück unseres Hostels in Anspruch genommen. Zusammen mit Dulce de Leche und Erdbeermarmelade (eine andere Sorte gibts hier wohl auch einfach nicht!) ist das ja auch eine nette Idee. Nur verstehe ich nicht so ganz, wenn die gute Frau aus der Küche fertig ist mit dem Zubereiten dieser Backwaren, warum lässt sie diese dann so lange am Ort der Zubereitung stehen bis sie kalt sind? Das ist so traurig, wenn man diesen Berg an Pancakes sieht und auch zeitgleich dem Temperaturabfall beobachten kann. 🙁 Aber gut, dafür haben sie eine Mikrowelle hingestellt…trotzdem, da könnte man ja auch Energie sparen, wenn man die Pfannkuchen einfach warm servieren würde. So viel zum Thema Essen an diesem Tag, es lag mir aber auf dem Herzen. 🙂

Unser erster Tag in La Paz hat die Stadt jetzt nicht unbedingt in ihrem besten Licht erscheinen lassen, aber bisher hatte ich eigentlich nur gutes von La Paz gehört, und zum Glück haben wir uns mal wieder einer Free Walking Tour angeschlossen und haben uns deshalb um 10.00 Uhr morgens an der Kirche San Francisco eingefunden. Die Kirche ist recht außergewöhnlich, weil sie von Einheimischen erbaut wurde und somit katholische Symbole mit denen des eigentlichen Glaubens der bolivianischen Bevölkerung verbindet. Das sieht man z.B. sehr hübsch an der Außenfassade, die von gebärenden Frauen geziert wird.

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Iglesia de San Francisco, auch im Detail

Unser Guide war relativ jung, aber sehr motiviert und hat uns z.B. auch erzählst, dass durch La Paz mal ein Fluß lief, der jetzt aber umgeleitet wird und sich an seiner Stelle z.B. auch unser Hostel befindet. Das ist auch ne ganz tolle Sache, in unserem Hostel scheint die Hälfte aller Backpacker abgestiegen zu sein, aber kein Taxifahrer kennt das Hostel, vielleicht weil es einen englischen Namen hat und damit einfach schwer zu merken ist. Lustigerweise waren die vier anderen Personen, die an der Tour teilgenommen haben, nämlich auch aus unserem Hostel bzw. es gibt zwei Adventure Brews, die von ein paar anderen Gebäuden getrennt in der selben Straße sind.
Nach einer ausführlichen Erklärung zur Kirche San Francisco ging es dann auf einen gut 3-stündigen Spaziergang durch La Paz. Und ich möchte hierbei nochmal erwähnen, dass auch La Paz nicht flach ist, sondern man ständig Berge hoch und runter läuft! Wegen der Höhe gibt es auch einen hübschen Ratschlag, den die Einheimischen einem ans Herz legen camina lentito, come pequito y duerme solito – gehe langsam, esse wenig und schlafe allein. Haben wir mit der Tour ja eigentlich nicht so richtig beherzigt, naja, wir waren ja auch schon ein wenig aklimatisiert von Cusco und dem Titicacasee.

Nach der Kirche führte unser Spaziergang uns zu einer architektonischen Scheußlichkeit direkt am Platz der Kirche San Francisco. Weil die hygienischen Umstände der Essensstände an eben diesem wohl recht verbesserungswürdig waren, hat die Stadt dort ein mehrgeschössiges Gebäude errichten lassen indem nun mehrere kleine Geschäfte bzw. Imbisse aneinander gereiht zu finden sind. Allerdings hat das Ganze den Charme des Parkhauses Hauptwache und so viel hygienischer sah das jetzt für mich auch nicht aus. Wir waren aber an einem Sonntag unterwegs, d.h. die Mehrzahl der Stände war gar nicht auf, dennoch wurde uns sehr motiviert versucht Fruchtsalat zu verkaufen, haben wir aber alle abgelehnt. Vor diesem Gebäude beherrscht ein Graffiti die Abtrennung zur Hauptstraße, das von den Schuhputzern, die dieses darstellt, selbst angefertigt wurde. Schuhputzer gibt es in La Paz unzählige, die sich mit 1 oder 2 Bolivians (aktueller Kurs 9 Bolivianos = 1 Euro) ihr tägliches Brot verdienen. Da diese Arbeit als minderwertig angesehen wird, verstecken sie ihr Gesicht hinter Skimasken, die doch zunächst einmal recht bedrohlich aussehen.

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Schuhputzer Graffiti & Aussicht auf die Plaza San Francisco

Als nächstes durchwanderten wir die Calle Jaén, die wirklich recht hübsch aussah, wir hatten aber auch Glück mit dem Wetter und der Tag war schön sonnig trotz Winter in La Paz. Am Anfang eben dieser Straße wurde ein Haus mit einem grünen Kreuz verziert, da sich um diese Ecke eine Legende rangt. Angeblich spukt dort eine Witwe, die nachts betrunkene (oder auch nicht betrunkene) Männer entführt, aus diesem Grund wurde dort dieses Kreuz angebracht. Also Jungs, obacht, wenn ihr mal nachts durch La Paz lauft und aus Versehen der Witwe in die Arme rennt.

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Kreuz zur Austreibung des weiblichen Geistes

In eben dieser Straße ist auch das Museo Casa de Murillo, der gute Herr hat versucht La Paz von den Spaniern zu befreien, die Realisierung dieses Traumes hat er allerdings nicht mehr erleben können, er wurde vorher gehängt. Nun hält sich auch hier das Gerücht, das sein Geist immer noch den Stuhl benutzt, den Herr Murillo zu seinen lebenden Zeiten zu nutzen gedachte in eben diesem Museum. Auch hier ein kleiner Unterschied zu Deutschland, in Bolivien machen Museen sonntags gar nicht erst auf oder schließen um 13.00 Uhr…deshalb konnten wir uns leider nicht selbst von der Existenz des Geistes überzeugen. Auf unserem weiteren Weg kamen wir dann zu einem der wichtigsten Plätze La Paz: die Plaza Murillo. Dort steht auch der Palacio Presidencial, der von eingeschlagenen Gewehrkugeln gezeichnet ist. La Paz ist berühmt für seine 3P: Protest, Party, Parade – eines davon haben die Stadtbewohner immer zu bieten. Nun wollte vor gar nicht allzu langer Zeit die Polizei in La Paz mehr Gehalt und die Regierung hat sich stetig geweigert dieser Forderung nachzukommen. Als die Polizei nun protestieren wollte, kam es auf der Plaza Murillo zu einem Schusswaffenwechsel zwischen Polizei und Militär, dieses hatte sich nämlich auf die Seite der Regierung geschlagen. Seitdem wird dieser Platz bei der kleinsten Demonstration abgeriegelt und der Palast ist von außen leicht lädiert.

Um die Plaza Murillo stehen neben einem zentralen Denkmal für Herrn Murillo noch der Palacio Legislativo und der Kongress. Und nur um die 3P zu bestätigen, kam in eben diesem Moment eine Parade vorbei.

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Plaza Murillo

Das nächste Highlight auf unserer Besichtigung La Paz war dann das Gefängnis San Pedro – gleich vorab, dieses haben wir nur von außen besichtigt. Es war allerdings sehr lange möglich Touren durch das Gefängnis zu buchen und wenn man der richtigen Person Geld gegeben hat, konnte man dort als Tourist auch übernachten. Dieses Gefängnis ist wie eine Stadt in der Stadt und auch an diesem Tag war eine Riesenschlange vor dem Eingang von Personen, die in das Gefängnis wollten. Das System in San Pedro unterliegt vor allem der korrupten Polizei, die es leitet. Gefangene bekommen dort nicht etwas eine Zelle zugewiesen, sondern diese muss bezahlt werden, was zur Folge hat, das Personen mit viel Geld sich richtige Appartements leisten können ausgestattet mit Internet und Flachbildfernseher. Ebenso kann gegen Bestechung ein Gefangener aus- und eingehen wie er möchte und sogar seine Familie kann mit ihm dort wohnen und in den gefängniseigenen Restaurants essen gehen. Die meisten Personen, die vor San Pedro auf den Einlass warten, stehen dort übrigens höchstwahrscheinlich, um Drogen zu kaufen. Nun habe ich gleich nach der Besichtigungstour angefangen das Buch „Marching Powder“ zu lesen, das auf der wahren Geschichte eines Gefangenen beruht, der die Touren durch San Pedro eingeführt hatte. Nach den ersten Seiten kann ich sagen, mein Beileid für jeden der mit dem bolivianischen Gesetz in Berührung kommt! Unser Guide hat auch dringenst davon abgeraten diesem Ort einen Besuch abzustatten, da es durchaus möglich ist, dass man als Tourist ohne Probleme hineinkommt, aber nicht mehr hinausgelassen wird.

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Wachturm links: unbesetzt (San Pedro Jail)

Nach diesem außergewöhnlichen Punkt auf der Besichtigungstour ging es danach auf den Mercado Rodriguez, einem riesigen Markt auf dem es alles zu kaufen gibt und das zu unglaublich günstigen Preisen. Nur Frischkäse konnte ich nicht entdecken…

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Mercado Rodríguez

Auch haben die Bolivianer eine ganz weiße Kartoffel, die sich angeblich ewig hält. Da sage noch mal einer Deutschland wäre ein Kartoffelland, bei den unzähligen Sorten, die die Bolivianer dort feil geboten haben.

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Bei unserem Stadtspaziergang haben wir unterwegs auch die lokale Köstlichkeit probiert: saltenas – gefüllte Teigtaschen, war sehr lecker. Papa, Foto habe ich davon leider nicht machen können, sieht aber eigentlich aus wie eine Empanada.

Danach sind wir dann auf den Hexenmarkt, auf den ich mich ja schon gefreut hatte, weil ich darüber schon etwas gelesen hatte. Dort werden sämtliche Dinge verkauft, die man so nicht braucht. 🙂 Ganz speziell sind die getrockneten Lamaföten…ja, diese werden verbrannt, um Pachamama (Mutter Erde) zu ehren. Auf meine Frage woher denn die ganzen Föten kommen würden, kam leider die Antwort, die ich erwartet hatte. Entweder ist das Lama eines natürlichen Todes gestorben oder es wird des Fötus halber umgebracht und der Fötus damit gleich auch.

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Getrocknete Lamaföten

Neben dieser Scheußlichkeit gab es noch eine Vielzahl an Medikamenten, die in Deutschland wohl niemals zum Verkauf freigegeben werden würden, hauptsächlich drehten sich diese natürlich um die männliche Potenz, was sonst, die Welt hat ja auch sonst keine Probleme. Außerdem konnte man kleine Gefäße kaufen, die mit bunten ?Holz?stücken gefüllt waren, das würde angeblich Glück bringen oder verschiedene Statuen, die Glück oder Kinderreichtum oder nur Reichtum bescheren sollten. Wir haben aber keines dieser Dinge erworben, auch wenn für mich kurz der Lamafötus zu Diskussion stand…

Zum Abschluss der Tour mussten wir uns dann alle noch mal richtig anstrengen, denn zunächst liefen wir zum Kreisel des Grauens, um dort einen Collectivo anzuhalten, der uns zu einem 360 Grad Aussichtspunkt bringen sollte. Super Sache, nur hat er uns nicht ganz genau dort hingebracht, sondern in die Nähe und wir sind danach noch einmal schön unzählige Stufen zum Aussichtspunkt hochgelaufen. Hat sich aber gelohnt, man hatte einen tollen Blick auf La Paz.

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Blick über La Paz

Zurück laufen mussten wir dann natürlich auch noch und bei dieser Gelegenheit konnte man sich auch noch vom bolivianischen Straßenbau- & wartung überzeugen.

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Südamerikanischer Straßenbau

Nach der Verabschiedung unseres Guides wollten wir eigentlich noch in ein Museum, aber die Dame an der Kasse hat uns dann freundlich darauf hingewiesen, dass wir nur noch 10 Minuten zur Besichtigung hätten und somit sind wir erst einmal los um Moskitospray zu kaufen. In einer Apotheke wurden wir dann auch fündig und haben uns danach das Museo de la Coca angeschaut. Ein wirklich kleines, aber nett gemachtes Museum, das die gesamte Geschichte der Coca-Pflanze weltweit thematisiert. Und das beste, es gab die Exponatenbeschreibung oder besser die Geschichtsbeschreibung auch in Deutsch. Man hat dann ein dickes Buch bekommen und konnte anhand von Zahlen die Übersetzung zu den Fotos und Darstellungen lesen, waren zum Teil sehr nette Übersetzungsfehler drin. Das Museum kostet zwar 13 Bolivianos, aber ich fand’s gut gemacht. Coca-Kauen ist in Südamerika schon seit Jahrtausenden eine Tradition doch auch hier musste sich die USA mal wieder einmischen und ein Banker (was bitte hat der für ne Ahnung von Biologie??) machte die Cocapflanze zum Sündenbock und behauptete, dass sie dafür verantwortlich wäre, dass Südamerika wirtschaftlich so zurückgeblieben ist. Mal abgesehen von der unwahrscheinlich arroganten Haltung, hat Coca Cola mit der Coca-Pflanze ja mal das Geschäft seines Lebens gemacht, aber man kann so was ja immer von zwei Seiten aus betrachten. Gemerkt habe ich mir noch, dass die Minenarbeiter (als Sklaven unter den Spaniern) bis zu 48 Stunden durchgängig arbeiten mussten und dies nur dank des Cocas tun konnten und das Cocablätter kauen nicht high macht. Ich kann also bedenklich weiter kauen, Panos hat mir seine Vorräte dagelassen und zusammen mit meinen hab ich da noch länger was von. 🙂 Die USA hat ihre Macht sogar so weit ausgespielt, dass Coca in Peru und Bolivien verboten war, was eigentlich nur den Bauern geschadet hat, die diese Pflanze bis dahin legal anbauten. Heute hat sich die Situation gesetzlich wieder geändert und Coca ist wieder erlaubt, aber die USA versucht immer noch die Pflanze zu verteufeln, weil sie nun einmal die Basis für Kokain ist., Nur wird der Großteil des Kokains für den Drogenmissbrauch in Europa hergestellt. Ich könnte Euch damit jetzt noch länger langweilen, aber ich fand es wirklich interessant wie das alles zusammen spielt, ist in jedem Fall einen Besuch wert, so.

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Museo de la Coca

So viel besichtigen macht natürlich hungrig und somit sind Kedda und ich mal zu einem der wenigen Supermärkte in La Paz. Die Einheimischen kaufen ja alles auf dem Markt, und nach unserem Einkauf sind wir auch ganz dekadent mit dem Taxi zurück zum Hostel. Traurig leider für mich: es gab keine Champignons im Supermarkt!!! Unglaublich, also gab es Salat mit Thunfisch, Mais und Paprika (die war allerdings richtig scharf, huihui…) sowie Brot. Endlich mal was nicht aus dem Restaurant, welch Wohltat. 🙂 Abends haben wir es dann auch geschafft und sind mit den Mädels aus unserem Dorm rüber ins andere Hostel in dessen Sky Bar (Stufen!) und haben uns dort unser Freibier abgeholt. War annehmbar, aber nach zwei Bier sind wir wieder zurück ins Bett. Wie immer hatten wir aber natürlich eine gute Entschuldigung, denn wir vier mussten alle am nächsten Tag früh raus, um die gefährlichste Straße der Welt, auch bekannt als Death Road mit dem Fahrrad zu bezwingen!

2 Gedanken zu „La Paz: die höchste Stadt der Welt

  1. Hi Marinchen! Schön, wieder von dir zu lesen. La Paz, überhaupt Bolivien kenne ich noch nicht, deshalb sauge ich alle Infos noch intensiver auf – DANKE! Bin schon gespannt auf´s nächste Abenteuer! Ganz ganz liebe und vor allem tropische (heute sind bei uns 40°C) Grüße aus Alemania – deine Kerstin!

  2. Von wegen langweilen…..also ich könnte dir noch Stunden zuhören, wenn du über die Geschichte der Coca Planze berichtest……sehr, sehr, sehr interessant!

    Aber was zu Geier wolltest du mit einem Lama Fötus, dich wirklich bei Mutter Erde bedanken? Das kann man doch bestimmt auch anders…..Planze doch einfach einen Baum oder trennen zukünftig deinen Müll 😉
    So ein kleines Gefäß mit mit bunten Holzstückchen, das wäre toll…..so könntest du dein Glück immer in der Tasche tragen.

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