Death Road: die gefährlichste Straße der Welt

Ich hatte es ja schon im letzten Bericht angekündigt, wir hatten an diesem Tag etwas wichtiges vor, nämlich die gefährlichste Straße der Welt, auch bekannt als Death Road mit dem Radl zu befahren. Diese Tour macht, glaube ich, jeder der mal in La Paz gewesen ist und schon im Hostel waren große Werbeposter für diesen Trip zu sehen. Nun wurde mir die Agentur Gravitiy Assisted Mountain Biking empfohlen und sie stand sowohl in Keddas wie meinem Reiseführer, diese Prominenz kostet natürlich auch und so haben wir für den Tagesausflug 750 Bolivianos (also gut 80 €) bezahlt. Dennoch die Straße ist echt nicht ohne und da wollten wir als verantwortungsbewusste junge Erwachsene natürlich nicht am falschen Ende sparen…hüstel.

Das gefährliche an der Straße ist zum einen ihre Breite – es gibt Stellen an denen sie nur 3,20 Meter Breite misst – und das sie an wirklich steilen bis zu 600 Meter tiefen Felswänden vorbeiführt. Abgesperrt ist dort, wie wir jetzt aus eigener Erfahrung wissen, eigentlich nichts. Zudem ist sie wirklich eine ganz normale öffentlich genutzte Fernverkehrsstraße, d.h. sie wird von LKWs, Bussen und normalen Autos befahren. Mein Reiseführer behauptet zwar, dass seit dem Bau einer neuen Verbindungsstraße zwischen La Cumbre und Coroico der Verkehr auf der alten Straße fast nur noch aus Radfahrern und den dazugehörigen Safety Cars (sprich alten Nissan Bussen) besteht, aber das haben wir jetzt nicht so empfunden, aber dazu dann später mehr. <- Spannungsbogen aufgebaut!

Um 7:30 Uhr war Treffpunkt am Cafe Alexander in La Paz, lustiger Weise hatten Tanja und Pria aus unserem Dorm ebenfalls die gleiche Tour für den selben Tag bei der selben Agentur gebucht und so konnten wir uns ein Taxi teilen. Dort angekommen, hat uns unser äußerst motiviert (keine Ironie) Guide Steve begrüßt, geborener Australier, in Neuseeland aufgewachsen und so war er auch. 🙂 Dreadlooks und eigentlich viel zu cool für diese Welt, aber passionierter Radfahrer, das muss man ihm lassen. Unschön war allerdings, dass Kedda und ich nicht auf seiner Liste standen. Leider habe ich vor unserer Reise vergessen den Schlumpf von Rezeptionisten dafür zur Schnecke zu machen…aber das Ganze war kein Drama und wir durften trotzdem mit. Wir hatten ja auch schon bezahlt und hatten vorschriftsmäßig unseren Voucher mit unseren Buchungsnummern dabei. Mit dem Bus ging es dann am Büro der Agentur vorbei, um unsere zwei Fahrräder noch aufzuladen und unser Equipment beizuschaffen. Ca. 1,5 Stunden sind wir dann auf 4.700 Höhenmeter gefahren worden und da oben war es dann doch recht frisch. Ich hatte ein Longsleeve, eine dünne Jacke, meinen Fleece und die Regenjacke an, zum Glück auch noch meinen Schal. Dann haben alle nach und nach Helm, Handschuhe und schickes orangenes Jäckchen ausgehändigt bekommen und natürlich nicht zu vergessen die Fahrräder.

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Startpunkt

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Ich: total motiviert

Im Halbkreis hat sich die Gruppe dann vor unserem Guide formatiert und er hat uns die Basics zum Befahren der Straße erklärt. Er war schon wirklich lustig, das ist schwer im Nachhinein zu beschreiben, aber mit seinem australisch-neuseeländischen Slang hat die Gruppe in manchmal halt auch einfach nicht verstanden. Wir waren insgesamt 11 Leute, eine Holländerin, ein Belgier, zwei französisch Kanadier (Paar), ein französischer Schweizer, zwei Iren (Paar) und wir vier Mädels. Insgesamt war das eine echt nette Gruppe. Nach den einführenden Worten Steves folgte anschließend das Ritual zur Ehren Pachamamas. Steve holte eine kleine Flasche heraus, taufte sein Rad, goß ein paar Tropfen auf die Erde und trank einen Schluck, das musste dann rundum jeder machen. Ich dachte ja das wäre Wasser, nein es war Schnaps…schön so morgens um Neun Uhr….brrrr.

Danach ging es endlich los und wir fuhren ca. 63 km nur bergab, was eine Freude! 🙂 Vor allem war dieser Teil der Straße komplett neu geteert und ohne Probleme zu befahren und man hatte eine super Aussicht auf den Teil der Straße, der noch kommt.

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Wie bei sämtlichen Dingen auf diesem Kontinent wurde dann ab dem richtigen Beginn der Death Road in Unduavi eine Gebühr von 25 Bolivianos pro Person fällig. Dafür habe ich als Gegenleistung einen echt tollen Flyer bekommen, der den Weg der Death Road aufzeigt…(<- Ironie) Mit dem Bus ging es dann noch einmal 10 Min. bergauf, das finde ich eine super Sache, das, sobald es unbequem wird, man gefahren wird, das hätte bei allen anderen Touren auch mal so sein können! Unser Guide hat uns wirklich immer sehr gewissenhaft den kommenden Teil der Straße erklärt, worauf wir achten sollen, wie wir das Rad lenken sollen und vor allem dass wir nicht übermütig werden sollen. Um dem Ganzen noch die Krönung zu verleihen sind wir bei der Fahrt gefilmt worden, wobei unser Guide auch da meinte, sollte einer von uns auf die Idee kommen in die Kamera zu winken und deshalb einen Unfall bauen, wird er uns erst auslachen und erst anschließend erste Hilfe leisten. Netter Typ, der Steve. Auf dieser Straße haben bisher ca. 15 Radfahrer ihr Leben verloren und jedes Jahr verschwinden im Schnitt ca. 26 Fahrzeuge – einfach im Nichts, die Felsabsprünge hinunter. Leider hatten wir anfangs etwas Pech mit dem Wetter, es war super nebelig, was man an den kommenden Bildern noch erkennen wird.

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Leicht neblig

Dieser erste Teil der Straße war allerdings (für mich) nicht ohne, dicker Schotter über die gesamte Straße und ich bin gleich mal ein wenig nach links abgedriftet und stecken geblieben, der Belgier knapp hinter mir. Aber alles gut, niemandem was passiert, ich habe mich auch ganz gegen meine Gewohnheit nicht hingelegt! Danach wurde es aber besser mit der Straße, man wurde dennoch gut durchgeschüttelt. Mir half aber die Anweisung unseres Guides, wenn große Steine oder Hindernisse vor uns liegen, dann nicht bremsen, einfach drüber, das Rad findet seine Spur schon wieder, das habe ich dann auch befolgt und irgendwann hat das Ganze sogar richtig Spaß gemacht.

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Death Road

Danach sind wir ca. 3 Stunden lang einfach nur bergab gefahren. Immer wieder mit Pausen zum Besprechen des nächsten Abschnittes, aber es war einfach nur cool. 🙂 Zwischendrin hat man dann mal kurz nach links geschaut und gesehen ok, da geht es doch ein wenig den Abhang hinunter, aber viele Gedanken habe ich mir darüber nicht gemacht. Es hatte die Tage vorher geregnet, weshalb wir auch durch Teilstücke, die total vermatscht waren, durchgefahren sind, unsere Gruppe hat das ohne Probleme überstanden, nicht so andere Gruppen. Mit uns waren noch ca. 2 andere Gruppen von anderen Touranbietern und noch eine Gravity Assisted Mountain Biking Tour unterwegs, die mal uns mal wir sie überholt haben und eine andere Radfahrerin hat sich bäuchlings einmal komplett in den Matsch gelegt…da freut sich die Reinigung. Allerdings wir sahen auch nicht sehr viel besser aus. Wir haben uns noch gefragt, warum wir denn bitte einmal komplett neue Kleidung inkl. Schuhen mitbringen sollten, ja wir wussten es dann auch als wir zweimal durch Wasser gefahren sind und unsere Schuhe komplett durchnässt waren. Der Rest der Kleidung war verziert mit einer dicken Schicht von Schlamm (siehe kommendes Foto)… schön war auch, dass Steve nach meiner erfolgreichen Passierung des zweiten von Wasser überfluteten Abschnitts meinte, ach schade. Ich entgegnete darauf, wie nett das sei, dass er auf mich gewettet hatte, dass ich mich hinlegen würde und er entgegnete nur, dass das einfach viel lustiger wäre, wenn einer sich vor der Kamera ins Wasser schmeißen würde – naja, danke dafür…

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Schlammig…

Unsere Gruppe hat die Fahrt übrigens fast unfallfrei überstanden, nur die eine Kanadierin hat sich einmal hingelegt, was wir aber nur daran gesehen haben, dass sie auf einmal Schürfwunden am Arm hatte. Auf unserem Weg bergab kam uns zum Glück nicht allzu viel Verkehr vorbei, aber das scheint wohl stark zu variieren, dafür aber gerne mal ein Hund oder eine Frau, aus dem Dorf an der Straße. Unsere Tour endete in Yolosa, wo wir den überstandenen Ausflug erstmal mit einem Bier begossen haben (war inkludiert!). Es gab auch noch die Möglichkeit ZipLine zu fahren, aber da hatten wir uns entgegen entschieden. In unserer Tour war anschließend auch noch ein Besuch des Senda Verde Parkes inkludiert. In Bolivien dürfen Tiere wie z.B. Affen, die einst aus ihrem natürlichen Lebensraum entfernt wurden nicht mehr reintegriert werden, weil sie Krankheiten in das Ökosystem einschleusen könnten. Nun werden diese Tiere vom Menschen für alles mögliche missbraucht und die geretteten Tiere können in Senda Verde unterkommen und ein neues zu Hause finden. Ich hatte mir davon gar nicht viel erwartet, aber das war echt ein netter Abschluss für die Tour. Highlight war, dass wir dort sogar warm (mehr oder weniger) duschen konnten, zum Glück hatte ich wenigstens neue Kleidung mitgenommen. Nur trockene Schuhe wären echt nett gewesen, in meinen nassen habe ich mir fast meine grazilen Füßchen abgefroren! Danach gab es noch ein Buffet, das ebenfalls in unserer Tour inkludiert war. Getränke wurden extra bezahlt, aber alles was zusätzlich konsumiert wurde, kam den Tieren zu Gute, sozusagen das Krombacher Prinzip: Trinken für einen guten Zweck. Für 35 Bolivianos mehr konnte man auch noch eine Tour zu den Affen mitmachen, was wir auch getan haben. Eine der Voluntärinnen hat uns ein wenig was zu den Tieren, die dort leben erzählt und wir konnten die Tierchen von sehr nahem sehen, was ich echt toll fand. Es gibt dort natürlich Regeln zu beachten, wenn man das Gehege der Tiere betritt, eine z.B. ist, dass Besucher die Tiere nicht anfassen dürfen, allerdings die Tiere, die Besucher, d.h. wenn so ein Äffchen auf dich drauf klettert, dann verhalte dich ruhig und einer der Mitarbeiter dort entfernt es dann wieder von Dir. 🙂 Warum auch immer, die Affen mochten wohl mein safarimäßig aussehendes Outfit und ich hatte drei Mal so ein Tierchen auf mir sitzen.

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Kleiner Freund

Nach dieser kurzen 20minüten Führung, sind wir wieder zurück zum Rest der Gruppe und unserem Guide, beim restlichen Bier gab es dann einige Vorurteile über Deutsche und Franzosen zu besprechen und los ging es zur 3-stündigen Heimfahrt nach La Paz… ja, 3 Stunden ohne Zwischenfälle. Nun hatten wir ja, wie bereits erwähnt, einen renommierten Touranbieter gebucht und auch unser Fahrer fuhr standardmäßig südamerikanisch – also mit regelmäßigen gewagten Überholmanövern, aber nicht allzu gedankenlos. Leider war das nicht so beim Fahrer einer der anderen Touranbieter. Zurück sind wir die neue Death Road gefahren, die zum Teil von Erdrutschen schon wieder fast unbefahrbar gemacht worden ist, aber man kann sie befahren. Nun ist rechts zum Berg hin ein ca. 50 cm breiter und 40 cm tiefer Graben, der wahrscheinlich vom Berg kommendes Wasser ableiten soll. Der Fahrer vor uns hatte Pachamama wohl ein wenig zu sehr verehrt und ist mit seinem Bus samt Passagieren und Rädern in diesen Graben gefahren!

Macht ja nix, waren ja nicht wir, denkt man dann, wenn man mitbekommen hat, das niemandem was passiert ist, ja aber da vergisst man als individualistisch denkender Europäer doch grad das kollektivistische Gedankengut des Südamerikaners. Denn natürlich muss unserer Fahrer (und die der weiteren drei Touranbieter) aussteigen und helfen. Nur wie bekommt man ein Auto, das 40 cm nach rechts abgesenkt im Graben liegt wieder raus? Antwort: richtig, gar nicht! Nach einer Viertelstunde hat unser Guide dann dem Fahrer klar gemacht, wir fahren weiter. Sind wir dann auch ca. 20 Meter vor die anderen zwei Buse, die zur Hilfe angehalten hatten… „cinco minutos“ meinte unser Fahrer, dann würden wir weiterfahren. Aus den fünf Minuten wurden dann insgesamt ca. 45 Minuten und irgendwann ist einer von uns raus und meinte, wir könnten jetzt doch mal weiterfahren. Unserem Fahrer hat das wohl das Herz gebrochen, aber wir hatten noch ein gutes Stück Fahrt vor uns und ehrlicher Weise war es ja auch nicht unser Problem, wenn der Fahrer der anderen betrunken in einen Graben fährt. Die Passagiere sind auch alle bei anderen Busen untergekommen, es musste also niemand draußen in der Kälte stehen bleiben. Sah aber schon böse aus, wie das Auto da so drin lag und was der Versuch mit Steinen drunter legen bringen sollte, hatte ich auch nicht so ganz verstanden…

Gegen 21 Uhr hatten wir dann aber das Agenturbüro erreicht und alle hatten sich dazu entschieden die CD mit Videos und Fotos vom Ausflug gleich mitzunehmen anstatt am nächsten Tag nochmal ins Gravitiy Büro zu kommen. Kedda und ich haben dort dann auch unsere T-Shirts bekommen auf denen steht, dass wir die gefährlichste Straße der Welt überlebt haben (super, ein neues Schlafshirt) und danach ging es mit dem Taxi heim ins Hostel. Dort habe ich nur noch alles schnell in die Ecke geschmissen und habe mich ganz schnell ins Land der Träume verabschiedet. Schlafen kann man nach so einem Tag echt gut, auch wenn man eigentlich nur bergab gefahren ist. 🙂

Nachtrag der Autorin: Mittlerweile haben wir uns mit Leuten aus anderen Gruppen unterhalten, die am selben Tag fuhren wie wir und es gab wohl einen bösen Unfall bei dem ein Mädel 6m tief gestürzt ist. Scheint ihr aber nichts schlimmes passiert zu sein. Außerdem hat sich dort in den letzten Tagen ein Japaner den Arm gebrochen, also nicht ohne die Death Road!

La Paz: die höchste Stadt der Welt

Da waren wir nun in der höchsten Stadt der Welt, wie hoch genau La Paz jetzt liegt kann man gar nicht so sagen, weil sich diese Stadt mit 1,5 Millionen Einwohnern an die Hänge um sie herum schmiegt und somit auf unterschiedlichen Höhen liegt. Auf jeden Fall sind es an manchen Stellen bis zu 4.000 Meter über dem Meeresspiegel. An unserem ersten Tag haben wir zunächst einmal das Pancake Frühstück unseres Hostels in Anspruch genommen. Zusammen mit Dulce de Leche und Erdbeermarmelade (eine andere Sorte gibts hier wohl auch einfach nicht!) ist das ja auch eine nette Idee. Nur verstehe ich nicht so ganz, wenn die gute Frau aus der Küche fertig ist mit dem Zubereiten dieser Backwaren, warum lässt sie diese dann so lange am Ort der Zubereitung stehen bis sie kalt sind? Das ist so traurig, wenn man diesen Berg an Pancakes sieht und auch zeitgleich dem Temperaturabfall beobachten kann. 🙁 Aber gut, dafür haben sie eine Mikrowelle hingestellt…trotzdem, da könnte man ja auch Energie sparen, wenn man die Pfannkuchen einfach warm servieren würde. So viel zum Thema Essen an diesem Tag, es lag mir aber auf dem Herzen. 🙂

Unser erster Tag in La Paz hat die Stadt jetzt nicht unbedingt in ihrem besten Licht erscheinen lassen, aber bisher hatte ich eigentlich nur gutes von La Paz gehört, und zum Glück haben wir uns mal wieder einer Free Walking Tour angeschlossen und haben uns deshalb um 10.00 Uhr morgens an der Kirche San Francisco eingefunden. Die Kirche ist recht außergewöhnlich, weil sie von Einheimischen erbaut wurde und somit katholische Symbole mit denen des eigentlichen Glaubens der bolivianischen Bevölkerung verbindet. Das sieht man z.B. sehr hübsch an der Außenfassade, die von gebärenden Frauen geziert wird.

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Iglesia de San Francisco, auch im Detail

Unser Guide war relativ jung, aber sehr motiviert und hat uns z.B. auch erzählst, dass durch La Paz mal ein Fluß lief, der jetzt aber umgeleitet wird und sich an seiner Stelle z.B. auch unser Hostel befindet. Das ist auch ne ganz tolle Sache, in unserem Hostel scheint die Hälfte aller Backpacker abgestiegen zu sein, aber kein Taxifahrer kennt das Hostel, vielleicht weil es einen englischen Namen hat und damit einfach schwer zu merken ist. Lustigerweise waren die vier anderen Personen, die an der Tour teilgenommen haben, nämlich auch aus unserem Hostel bzw. es gibt zwei Adventure Brews, die von ein paar anderen Gebäuden getrennt in der selben Straße sind.
Nach einer ausführlichen Erklärung zur Kirche San Francisco ging es dann auf einen gut 3-stündigen Spaziergang durch La Paz. Und ich möchte hierbei nochmal erwähnen, dass auch La Paz nicht flach ist, sondern man ständig Berge hoch und runter läuft! Wegen der Höhe gibt es auch einen hübschen Ratschlag, den die Einheimischen einem ans Herz legen camina lentito, come pequito y duerme solito – gehe langsam, esse wenig und schlafe allein. Haben wir mit der Tour ja eigentlich nicht so richtig beherzigt, naja, wir waren ja auch schon ein wenig aklimatisiert von Cusco und dem Titicacasee.

Nach der Kirche führte unser Spaziergang uns zu einer architektonischen Scheußlichkeit direkt am Platz der Kirche San Francisco. Weil die hygienischen Umstände der Essensstände an eben diesem wohl recht verbesserungswürdig waren, hat die Stadt dort ein mehrgeschössiges Gebäude errichten lassen indem nun mehrere kleine Geschäfte bzw. Imbisse aneinander gereiht zu finden sind. Allerdings hat das Ganze den Charme des Parkhauses Hauptwache und so viel hygienischer sah das jetzt für mich auch nicht aus. Wir waren aber an einem Sonntag unterwegs, d.h. die Mehrzahl der Stände war gar nicht auf, dennoch wurde uns sehr motiviert versucht Fruchtsalat zu verkaufen, haben wir aber alle abgelehnt. Vor diesem Gebäude beherrscht ein Graffiti die Abtrennung zur Hauptstraße, das von den Schuhputzern, die dieses darstellt, selbst angefertigt wurde. Schuhputzer gibt es in La Paz unzählige, die sich mit 1 oder 2 Bolivians (aktueller Kurs 9 Bolivianos = 1 Euro) ihr tägliches Brot verdienen. Da diese Arbeit als minderwertig angesehen wird, verstecken sie ihr Gesicht hinter Skimasken, die doch zunächst einmal recht bedrohlich aussehen.

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Schuhputzer Graffiti & Aussicht auf die Plaza San Francisco

Als nächstes durchwanderten wir die Calle Jaén, die wirklich recht hübsch aussah, wir hatten aber auch Glück mit dem Wetter und der Tag war schön sonnig trotz Winter in La Paz. Am Anfang eben dieser Straße wurde ein Haus mit einem grünen Kreuz verziert, da sich um diese Ecke eine Legende rangt. Angeblich spukt dort eine Witwe, die nachts betrunkene (oder auch nicht betrunkene) Männer entführt, aus diesem Grund wurde dort dieses Kreuz angebracht. Also Jungs, obacht, wenn ihr mal nachts durch La Paz lauft und aus Versehen der Witwe in die Arme rennt.

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Kreuz zur Austreibung des weiblichen Geistes

In eben dieser Straße ist auch das Museo Casa de Murillo, der gute Herr hat versucht La Paz von den Spaniern zu befreien, die Realisierung dieses Traumes hat er allerdings nicht mehr erleben können, er wurde vorher gehängt. Nun hält sich auch hier das Gerücht, das sein Geist immer noch den Stuhl benutzt, den Herr Murillo zu seinen lebenden Zeiten zu nutzen gedachte in eben diesem Museum. Auch hier ein kleiner Unterschied zu Deutschland, in Bolivien machen Museen sonntags gar nicht erst auf oder schließen um 13.00 Uhr…deshalb konnten wir uns leider nicht selbst von der Existenz des Geistes überzeugen. Auf unserem weiteren Weg kamen wir dann zu einem der wichtigsten Plätze La Paz: die Plaza Murillo. Dort steht auch der Palacio Presidencial, der von eingeschlagenen Gewehrkugeln gezeichnet ist. La Paz ist berühmt für seine 3P: Protest, Party, Parade – eines davon haben die Stadtbewohner immer zu bieten. Nun wollte vor gar nicht allzu langer Zeit die Polizei in La Paz mehr Gehalt und die Regierung hat sich stetig geweigert dieser Forderung nachzukommen. Als die Polizei nun protestieren wollte, kam es auf der Plaza Murillo zu einem Schusswaffenwechsel zwischen Polizei und Militär, dieses hatte sich nämlich auf die Seite der Regierung geschlagen. Seitdem wird dieser Platz bei der kleinsten Demonstration abgeriegelt und der Palast ist von außen leicht lädiert.

Um die Plaza Murillo stehen neben einem zentralen Denkmal für Herrn Murillo noch der Palacio Legislativo und der Kongress. Und nur um die 3P zu bestätigen, kam in eben diesem Moment eine Parade vorbei.

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Plaza Murillo

Das nächste Highlight auf unserer Besichtigung La Paz war dann das Gefängnis San Pedro – gleich vorab, dieses haben wir nur von außen besichtigt. Es war allerdings sehr lange möglich Touren durch das Gefängnis zu buchen und wenn man der richtigen Person Geld gegeben hat, konnte man dort als Tourist auch übernachten. Dieses Gefängnis ist wie eine Stadt in der Stadt und auch an diesem Tag war eine Riesenschlange vor dem Eingang von Personen, die in das Gefängnis wollten. Das System in San Pedro unterliegt vor allem der korrupten Polizei, die es leitet. Gefangene bekommen dort nicht etwas eine Zelle zugewiesen, sondern diese muss bezahlt werden, was zur Folge hat, das Personen mit viel Geld sich richtige Appartements leisten können ausgestattet mit Internet und Flachbildfernseher. Ebenso kann gegen Bestechung ein Gefangener aus- und eingehen wie er möchte und sogar seine Familie kann mit ihm dort wohnen und in den gefängniseigenen Restaurants essen gehen. Die meisten Personen, die vor San Pedro auf den Einlass warten, stehen dort übrigens höchstwahrscheinlich, um Drogen zu kaufen. Nun habe ich gleich nach der Besichtigungstour angefangen das Buch „Marching Powder“ zu lesen, das auf der wahren Geschichte eines Gefangenen beruht, der die Touren durch San Pedro eingeführt hatte. Nach den ersten Seiten kann ich sagen, mein Beileid für jeden der mit dem bolivianischen Gesetz in Berührung kommt! Unser Guide hat auch dringenst davon abgeraten diesem Ort einen Besuch abzustatten, da es durchaus möglich ist, dass man als Tourist ohne Probleme hineinkommt, aber nicht mehr hinausgelassen wird.

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Wachturm links: unbesetzt (San Pedro Jail)

Nach diesem außergewöhnlichen Punkt auf der Besichtigungstour ging es danach auf den Mercado Rodriguez, einem riesigen Markt auf dem es alles zu kaufen gibt und das zu unglaublich günstigen Preisen. Nur Frischkäse konnte ich nicht entdecken…

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Mercado Rodríguez

Auch haben die Bolivianer eine ganz weiße Kartoffel, die sich angeblich ewig hält. Da sage noch mal einer Deutschland wäre ein Kartoffelland, bei den unzähligen Sorten, die die Bolivianer dort feil geboten haben.

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Bei unserem Stadtspaziergang haben wir unterwegs auch die lokale Köstlichkeit probiert: saltenas – gefüllte Teigtaschen, war sehr lecker. Papa, Foto habe ich davon leider nicht machen können, sieht aber eigentlich aus wie eine Empanada.

Danach sind wir dann auf den Hexenmarkt, auf den ich mich ja schon gefreut hatte, weil ich darüber schon etwas gelesen hatte. Dort werden sämtliche Dinge verkauft, die man so nicht braucht. 🙂 Ganz speziell sind die getrockneten Lamaföten…ja, diese werden verbrannt, um Pachamama (Mutter Erde) zu ehren. Auf meine Frage woher denn die ganzen Föten kommen würden, kam leider die Antwort, die ich erwartet hatte. Entweder ist das Lama eines natürlichen Todes gestorben oder es wird des Fötus halber umgebracht und der Fötus damit gleich auch.

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Getrocknete Lamaföten

Neben dieser Scheußlichkeit gab es noch eine Vielzahl an Medikamenten, die in Deutschland wohl niemals zum Verkauf freigegeben werden würden, hauptsächlich drehten sich diese natürlich um die männliche Potenz, was sonst, die Welt hat ja auch sonst keine Probleme. Außerdem konnte man kleine Gefäße kaufen, die mit bunten ?Holz?stücken gefüllt waren, das würde angeblich Glück bringen oder verschiedene Statuen, die Glück oder Kinderreichtum oder nur Reichtum bescheren sollten. Wir haben aber keines dieser Dinge erworben, auch wenn für mich kurz der Lamafötus zu Diskussion stand…

Zum Abschluss der Tour mussten wir uns dann alle noch mal richtig anstrengen, denn zunächst liefen wir zum Kreisel des Grauens, um dort einen Collectivo anzuhalten, der uns zu einem 360 Grad Aussichtspunkt bringen sollte. Super Sache, nur hat er uns nicht ganz genau dort hingebracht, sondern in die Nähe und wir sind danach noch einmal schön unzählige Stufen zum Aussichtspunkt hochgelaufen. Hat sich aber gelohnt, man hatte einen tollen Blick auf La Paz.

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Blick über La Paz

Zurück laufen mussten wir dann natürlich auch noch und bei dieser Gelegenheit konnte man sich auch noch vom bolivianischen Straßenbau- & wartung überzeugen.

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Südamerikanischer Straßenbau

Nach der Verabschiedung unseres Guides wollten wir eigentlich noch in ein Museum, aber die Dame an der Kasse hat uns dann freundlich darauf hingewiesen, dass wir nur noch 10 Minuten zur Besichtigung hätten und somit sind wir erst einmal los um Moskitospray zu kaufen. In einer Apotheke wurden wir dann auch fündig und haben uns danach das Museo de la Coca angeschaut. Ein wirklich kleines, aber nett gemachtes Museum, das die gesamte Geschichte der Coca-Pflanze weltweit thematisiert. Und das beste, es gab die Exponatenbeschreibung oder besser die Geschichtsbeschreibung auch in Deutsch. Man hat dann ein dickes Buch bekommen und konnte anhand von Zahlen die Übersetzung zu den Fotos und Darstellungen lesen, waren zum Teil sehr nette Übersetzungsfehler drin. Das Museum kostet zwar 13 Bolivianos, aber ich fand’s gut gemacht. Coca-Kauen ist in Südamerika schon seit Jahrtausenden eine Tradition doch auch hier musste sich die USA mal wieder einmischen und ein Banker (was bitte hat der für ne Ahnung von Biologie??) machte die Cocapflanze zum Sündenbock und behauptete, dass sie dafür verantwortlich wäre, dass Südamerika wirtschaftlich so zurückgeblieben ist. Mal abgesehen von der unwahrscheinlich arroganten Haltung, hat Coca Cola mit der Coca-Pflanze ja mal das Geschäft seines Lebens gemacht, aber man kann so was ja immer von zwei Seiten aus betrachten. Gemerkt habe ich mir noch, dass die Minenarbeiter (als Sklaven unter den Spaniern) bis zu 48 Stunden durchgängig arbeiten mussten und dies nur dank des Cocas tun konnten und das Cocablätter kauen nicht high macht. Ich kann also bedenklich weiter kauen, Panos hat mir seine Vorräte dagelassen und zusammen mit meinen hab ich da noch länger was von. 🙂 Die USA hat ihre Macht sogar so weit ausgespielt, dass Coca in Peru und Bolivien verboten war, was eigentlich nur den Bauern geschadet hat, die diese Pflanze bis dahin legal anbauten. Heute hat sich die Situation gesetzlich wieder geändert und Coca ist wieder erlaubt, aber die USA versucht immer noch die Pflanze zu verteufeln, weil sie nun einmal die Basis für Kokain ist., Nur wird der Großteil des Kokains für den Drogenmissbrauch in Europa hergestellt. Ich könnte Euch damit jetzt noch länger langweilen, aber ich fand es wirklich interessant wie das alles zusammen spielt, ist in jedem Fall einen Besuch wert, so.

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Museo de la Coca

So viel besichtigen macht natürlich hungrig und somit sind Kedda und ich mal zu einem der wenigen Supermärkte in La Paz. Die Einheimischen kaufen ja alles auf dem Markt, und nach unserem Einkauf sind wir auch ganz dekadent mit dem Taxi zurück zum Hostel. Traurig leider für mich: es gab keine Champignons im Supermarkt!!! Unglaublich, also gab es Salat mit Thunfisch, Mais und Paprika (die war allerdings richtig scharf, huihui…) sowie Brot. Endlich mal was nicht aus dem Restaurant, welch Wohltat. 🙂 Abends haben wir es dann auch geschafft und sind mit den Mädels aus unserem Dorm rüber ins andere Hostel in dessen Sky Bar (Stufen!) und haben uns dort unser Freibier abgeholt. War annehmbar, aber nach zwei Bier sind wir wieder zurück ins Bett. Wie immer hatten wir aber natürlich eine gute Entschuldigung, denn wir vier mussten alle am nächsten Tag früh raus, um die gefährlichste Straße der Welt, auch bekannt als Death Road mit dem Fahrrad zu bezwingen!