San Agustín: Steine, Statuen und Berge

Mittwoch Morgen bin ich nun in San Agustín angekommen, ein kleiner Ort (11.000 Einwohner) der an sich nicht viel zu bieten hat. Man kommt hierher um sich die Gräber eines ausgestorbenen Volkes anzusehen, diese sind nämlich verziert mit zum Teil metergroßen Statuen in Stein gehauen. Angeblich bilden diese über 500 Statuen eine der wichtigsten archäologischen Stätten des Kontinents (sagt der LP). Entdeckt wurden die Statuen erst im 18. Jahrhundert, sind also noch nicht sooo lange bekannt. Die meisten Statuen stellen Menschen dar, aber es werden auch Tiere verehrt wie z.B. der Frosch oder der Jaguar. Zunächst einmal hatte ich ja das Vergnügen meines ersten Nachtbusses, also das war nicht schön. Ich habe zwar geschlafen, kam aber trotzdem total fertig hier an, aber gut es gab keinen anderen Bus als ich aus Villa de Leyva zurück nach Bogotá kam. Nun hatte ich mir die Casa del Sol aus dem Lonely Planet als meine Unterkunft ausgesucht, weil es dort eine so schöne Aussicht geben soll. Das stimmt auch, nur liegen die meisten Hostels auf dem Hügel über San Agustín. Mit großem Rucksack laufe ich ja selten weit, deswegen habe ich mir ein Taxi genommen und was soll ich sagen, es ging eine Schotterstraße richtig schön steil bergauf. Clemencia, eine Kolumbianerin in den 50ern betreibt das Hostel zusammen mit ihrem Sohn und die beiden waren wirklich herzallerliebst. Trotzdem hat mich dieses jedes Mal ins Dorf Gelaufe nicht grade erfreut…aber dazu später mehr. Angekommen gab es erstmal Frühstück, ganz gesund mit einem Vollkornpancake. Clemencia ist extrem naturverbunden und Kaffee darf man z.B. auch nicht mit Früchten trinken, weil das schlecht für den Körper ist, was ich alles in meinen vier Tagen dort gelernt habe. 🙂 Nach dem Frühstück wollte ich nur mal kurz die Augen zu machen, habe dann aber doch bis 12 Uhr geschlafen. Irgendwann konnte ich mich doch aufraffen und bin los spaziert in Richtung Dorf. Nun meinte Clemencia es wären nur 10 Minuten ins Dorf – kolumbianische, glaub ich ja. Ich dachte, ja gut dann muss es da ne Abkürzung geben und schau an da liefen doch ein paar Jungens links vom Weg einen kleinen Trampelpfad bergab. Ich wollte ganz schlau sein und hinterher…ja, leider war das Ganze so voller Matsch, dass ich mich richtig schön auf meinen Allerwertesten gesetzt habe und meine gesamte Kleidung dreckig war. Da gab’s keinen anderen Weg, ich musste zurück und damit hatte ich dann für diesen Tag meine Motivation den Parque Arqueológico zu erkunden ganz verflüchtigt. Nach erneutem Umziehen und der Abgabe meiner Wäsche zur Reinigung bin ich dann ins Dorf auf dem offiziellen Weg gelaufen. Dort habe ich dann mal das örtliche Internetcafé besucht sowie Wasser gekauft und mir das Städtchen ein wenig angeschaut. Aber wie gesagt, so spannend ist das hier nicht. Auf der Straße wechselt sich Pferd mit Motorrad ab und manchmal kommt eines der zwei Taxis hier vorbei…somit bin ich dann auch an meinem ersten Tag nach dem Genuss einer kolumbianischen Pizza relativ früh schlafen gegangen.

Parque Arqueológico

Dafür bin ich dann aber am nächsten Tag gestärkt mit Frühstück los zum zweiten Versuch mir den Park und damit einige der schönsten Statuen anzusehen. Mit dem Bus (1.000 Pesos) bin ich direkt vor die Tür des Parkes gefahren und habe mir dann dekadenter Weise einen Führer genommen. Der war allerdings teuer (50.000 Pesos), aber ich wollte ja auch was wissen zu den ganzen Statuen und immerhin war die Führung in Englisch. Hier ein paar der schönsten Statuen, die im fast 80ha großen Park aufgestellt sind.

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Bild 1: Statue vor Grab
Bild 2: Frosch (wichtiges Tier für die indigenen Völker hier)
Bild 3: Eine Art Schwimmbad verziert mit zahlreichen Tieren & Gesichtern

Mein Guide hat mir allerhand interessantes zu den Statuen erzählt, z.B. das Volk, das diese Steinkunstwerke nur mithilfe anderer Steine gestaltet hat, existiert nicht mehr und man weiß auch nicht warum sie „ausgestorben“ sind. Alle Statuen stehen mit dem Gesicht zum Sonnenaufgang, weil das die gute Seite ist und je größer das Grab, um so wichtiger war der oder die Verstorbene. Eine der wichtigsten Statuen ist diese:

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Diese zeigt an ihrem oberen Ende einen Schamanen, der das frischgeborene Baby in seinen Händen hält, das die Frau (unteres Ende der Statue) gerade geboren hat. Es gibt zwar auch Theorien, dass es sich hierbei um ein Menschenopfer handelt, aber für wahrscheinlicher wird die erste positivere gehalten.

Im Park befindet sich auch der Bosque de las Estatuas (Wald der Statuen), auf einem sehr hübschen Waldspaziergang trifft man verschiedene weitere Figuren.

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Das letzte Bild stellt übrigens Affenmännchen auf Affenweibchen dar

Nach gut drei Stunden waren wir dann auch fertig mit unserem Rundgang, früher als ich dachte, aber irgendwann kann man auch nichts mehr aufnehmen. Mit dem Bus bin ich zurück in die Stadt und habe mir bei der Pasteleria Francesa (hoffe das schreib ich jetzt richtig) ein Eclair gegönnt. Zurück in meiner Hütte habe ich den Nachmittag über gelesen und die Aussicht genossen, die war nämlich wirklich toll auf all die Berge und den Rio Magdalena.

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Meine Aussicht

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Der Weg zu meiner Hütte

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Meine Hütte (hab leider vergessen noch ein gutes Fotos zu machen)

Abends hatten Clemencia und Nathanel Besuch von zwei Freunden, weshalb es Rum mit einer Art Kondensmilch gab und frisch gebackenen Schokokuchen, lecker – beides. 🙂

Am Donnerstag stand dann eine weitere Besichtigung der Grabstätten rund um San Agustín auf dem Plan, dieses Mal mit dem Jeep. Eine wahre Touriveranstaltung, aber schon mit Jeep bist du 7 Stunden unterwegs, so dass Laufen keine Option ist. Definitiv keine nachdem ich den Weg kenne! Auf der Tour waren zwei kolumbianische Pärchen (von denen eines aber perfekt Deutsch sprach) und Karl (32 aus Köln). Insgesamt kann ich sagen, dass diese Jeeptour megaanstrengend war, weil es größtenteils auf Schotterpisten auf und ab hin und her ging und der eigene Körper beim Aussteigen des Wagens sowie beim Betreten festen Bodens leichte Gleichgewichtsprobleme aufzeigte. Unser erstes Ziel war der Estrecho del Magdalena, ein schöner Blick direkt auf und am Rio Magdalena.

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Man denkt jetzt, warum trägt die Frau Mütze bei dem Wetter – ja, ich bin halt auf alles vorbereitet, denn später am Nachmittag hats zweimal kurz geregnet! Aber zu dem Zeitpunkt war’s noch richtig schön und fast unerträglich warm.

Als nächstes ging es zu Obando ein Museum über die Geschichte Kolumbiens und natürlich die Statuen. Allerdings war das Museum nicht sehr spektakulär bis auf den Hinweise, dass man dort nicht betrunken sein darf:

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Alkohol verboten

Draußen haben Karl und ich dann auf die anderen gewartet und während wir da so saßen, kam ein Mann vorbei, der uns seine gesamte Lebensgeschichte in Spanisch erzählt hat und diese damit endete, dass er uns seinen kranken nackten Fuß gezeigt hat… 🙁 das wollte ich nicht sehen…angeblich hat er dieses Museum, eine Schule und die weiterführende Schule hier gegründet und nu kann er nicht mehr Laufen, ob das stimmt, kann ich jetzt nicht wirklich beurteilen, aber die anderen haben ihm dann sehr interessiert zugehört, vielleicht hat er ja sogar die Wahrheit erzählt.

Sehr cool fand ich unseren Besuch eines Familienbetriebes für Panela, das sind Zuckerblöcke, die aus Zuckerrohr gewonnen werden und die hier für alles mögliche verwendet werden. Die FARC z.B. hält sich damit bei wochenlangen Märschen durch den Dschungel am Leben, Energie bringt Zucker ja zunächst einmal. Aber ganz ehrlich, als ich das gesehen habe, war ich doch schon froh über meine bisherigen privilegierten Bürojobs. In der kleinen Halle war es tierisch warm (es stehen dort vier Bottiche mit brodelndem karamellartigem Zeugs), alles klebte und am Ende kostet ein Block von 2kg gerade mal 4.000 Pesos…ich weiß ja nicht, ob das so gewinnbringend ist.

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Die Reste vom Zuckerrohr – werden dazu verwendet die Öfen anzuheizen

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Die Reduktion des Zuckerrohrs (unten drunter brennen die Öfen)

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Hier wird der flüssige Zucker eingefüllt

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Das Endprodukt: Panela

Nach diesem Fabrikbesuch hielten wir beim Park Alto de los Idolos. Bei einem ca. 1-stündigen Spaziergang auf einen Hügel hoch („alto“ heißt nämlich Hügel wie ich dann auch erfahren habe) konnten wir uns noch mehr Stauten anschauen…is wie in Griechenland, irgendwann haste dann auch genug Steine oder halt Statuen gesehen…

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Aber das Krokodil (Bild unten) fand ich gut

Nach dem Mittagessen, bei dem ich mich mal wieder erfolgreich um Reis, Bohnen und Hühnchen gedrückt habe, ging es zu einem der Highlights rund um San Agustín: der Salto Bordones. Das ist ein 400m hoher Wasserfall und somit der zweigrößte Südamerikas und der größte Kolumbiens.

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Salto Bordones

Und weil es so schön war, haben wir an noch einem Park gehalten, um uns noch mehr Statuen anzuschauen, der Alto de las piedras – Hügel der Steine, wie treffend benannt. 🙂
Auch da waren Karl und ich dann komischerweise wieder zuerst fertig mit unserem Rundgang. Leid tun mir ja die Wärter, die dort arbeiten. Die sitzen den ganzen Tag da in diesem Park und haben nichts zu tun, außer wenn die 10 Touristen vorbeikommen mal für 1 Stunde so zu tun als würden sie alles im Griff haben, wahrscheinlich auch noch mies bezahlt. Wieder war ich froh über meine bisherigen Jobs…

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Zu guter letzt haben wir dann noch einen Wasserfall besichtigt, den Salto Mortiño. Der war aber wohl nur 150 m hoch, ehrlich gesagt, kann ich so was ja gar nicht schätzen und glaub da einfach mal den Kolumbianern.

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Das letzte Bild zeigt übrigens die Aussichtsbrücke, könnte man mal grunderneuern, würde ich sagen, aber gut sie hält, was will man mehr. Somit hatten wir dann unseren Besichtigungsmarathon hinter uns und waren auch irgendwann komplett durchgeschüttelt wieder in San Agustín. Ich dachte ja, naiv wie ich anscheinend bin, wenn dich das Auto zu Hause abholt, dann bringt es dich da auch wieder hin, haa…nee, mitten im Dorf wurden wir abgesetzt. Um diesen Schock zu verarbeiten haben Karl und ich uns erstmal ein Bier gegönnt in einer komplett leeren Kneipe und als wir tschüss sagen wollten, war die Bedienung gar nicht mehr da. Ich frage mich auch hier ein wenig, ob es Sinn macht eine Kneipe 10 Stunden aufzuhaben, um am Tag ca.12 Bier à 2.000 Pesos zu verkaufen? In einer Billardbar haben wir uns dann in den Eingang gesetzt und noch eins, zwei, drei Bier getrunken…das musste sein, weil ich den Weg nach Hause verdrängen wollte. Das hat einigermaßen gut geklappt, auf eben diesem Weg nach Hause war es A) schon dunkel und B) war ich doch ein wenig angetrunken, so dass mir das Hochlaufen doch ziemlich egal war. Nur schnell geduscht und dann sportlich wie man mich kennt, habe ich mich zum erneuten Weg in das Dorf gemacht (mit Taschenlampe, Laternen gab es da nicht), um mit Karl noch schnell was zu essen. Und was soll ich sagen, es gab ne richtig gute Pizza und danach noch ein Bier. Ich weiß nicht, ob es an der Jeeptour lag oder an den vier Bier zuvor, wir waren beide sowas von müde, dass wir ganz schnell heim sind. Lustigerweise kannte Karl auch Justin, den ich in Salento kennen gelernt hatte und in ihrem Hostel war wohl richtig was los abends, meines war bis auf mich und den Besitzern leer. Stimmt nicht ganz, Clemencia hatte nun eine andere Freundin zu Besuch, die in der kleinen Hütte neben mir gewohnt hat. Aber ich war nicht böse als ich mich in aller Ruhe schlafen legen konnte in meiner kleinen Bleibe, nur die Insekten, die Vögel und ich. 🙂

Gestern war nun mein letzter kompletter Tag in San Agustín, den ich mit, wer hätte es anders vermutet, einer weiteren Tour verbracht habe. Dieses Mal ging es mir aber mehr um die Art und Weise, den ich habe ein Pferdchen gemietet. Nathanel kennt sich mit Pferden aus und hat den Ausflug mit mir als mein Guide und Pferdflüsterer bestritten. Um 9 Uhr sind wir dann los auf eine ca. 5 stündige Reittour. Mein Pferd hieß übrigens Mariposa = Schmetterling und war wirklich ein ruhiges Tier. Ich war ja nur einmal Reitferien in Österreich machen und seitdem saß ich, glaub ich, nur das eine Mal im Nationalpark Tayrona auf so einem Gefährt und deshalb war ich darüber sehr froh, dass sich Mariposa durch nix hat beirren lassen. Hat wirklich Spaß gemacht, weil wir traumhaftes Wetter hatten und sogar galoppiert sind. Ich hab das sogar hinbekommen, nur tut mir heute doch ziemlich viel weh, Reiten ist ja tatsächlich Sport. 😉 Der Vollständigkeit halber wir haben folgende Orte besucht:

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La Pelota / El Purutal hier gab es auch endlich mal bemalte Figuren. Eigentlich waren alle Statuen mal farblich geschmückt, aber mit der Zeit hat sich die Farbe verflüchtigt. Diese Figuren sind auch nur deshalb bemalt, weil sie ein Unbekannter in 2011 (mein ich oder 2007) nachts einfach bemalt hat. Daraufhin haben Restauratoren die Figuren dann in den ursprünglichen Farben wieder hergerichtet…

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Der Ausblick von La Chaquira

und von El Tablon habe ich schon gar kein Foto mehr gemacht. 🙂 Natürlich mussten wir um die Statuen zu besichtigen, die Pferde immer irgendwo anbinden. Was beim letzten Stopp beinah böse geendet wäre, weil die beiden einfach den Längspfosten an dem sie angebunden waren abgerissen haben und damit alle Pferde um sich herum erschreckt haben. Aber alles gut am Ende und wir sind alle vier wohlbehalten im Dorf wieder angekommen.

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Mariposa und Marina

Wir hatten kein Mittagessen und somit fanden wir beide es eine super Idee was essen zu gehen. Nathanel ist im Hostel geboren worden und kennt sich somit gut aus in dem Kaff (sorry, aber war eines). Ich gebe zu, es war ein echt gutes Restaurant, aber musste es unbedingt das letzte ganz am Ende der Straße außerhalb des Dorfes sein??? Also, alle die San Agustín mal besuchen, geht zu Dondé Richard, sehr sehr lecker, der Weg lohnt sich. Nathanel hatte mittlerweile auch mitbekommen, dass ich Berge hochlaufen blöd finde und deshalb sind wir dann mit dem Taxi heim. 🙂 Nach einem Bier auf der Terrasse von Monica (Clemencias Freundin) habe ich mich dann ans Packen gemacht und abends noch mit Sarah (27, München), die gerade angekommen war, unterhalten und mich mit einem der drei Katzenbabies beschäftigt, die im Hostel wohnen. Süß, bin ja mehr der Hundemensch, aber die war niedlich.

Heute Morgen gab es dann nur ein sehr schnelles Frühstück, weil der Taxifahrer viel zu früh da war. Schnell habe ich mich auch von allen verabschiedet, gleich muss ich alle auch mal auf Facebook suchen und los ging’s zum Bus – dachte ich. Ich saß dann da brav 20 Minuten vor Abfahrt des Buses im Büro des Busunternehmens und wartete. Ich hatte mich schon gefragt, warum ich so viel früher da sein soll, aber das hat sich mir dann erklärt, als ich und zwei andere Fahrgäste mit dem Auto auf die Mitte irgendeiner Straße gefahren wurden, um dort vom richtigen Bus eingesammelt zu werden. Und von dieser Fahr berichte ich dann nächstes Mal, wenn ich aus Popayán, meiner letzten richtigen Stadt in Kolumbien schreibe. Wie traurig, 5 Wochen war ich dann ziemlich genau hier, die Zeit ist gerast und ich mache mich in drei Tagen auf den Weg nach Lima…